© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Der Krieg zu Besuch in Berlin
Bundeswehr: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zeichnet erstmals Soldaten mit der Gefechtsmedaille aus
Marcus Schmidt

Für einen Nachmittag kommt der Krieg nach Berlin. In einem schmucklosen Saal im Bendlerblock, dem Amtssitz von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), versammeln sich am Montag Soldaten, Generale, Admirale und Familienangehörige, um 15 Soldaten mit Ehrenkreuzen der Bundeswehr und der Anfang November gestifteten „Einsatzmedaille Gefecht“ auszuzeichnen. Vier der Ausgezeichneten, einer davon erblindet, nehmen die Ehrung persönlich entgegen. Elf sind tot. Gefallen in Afghanistan. Für sie sind ihre Frauen, Brüder, Schwestern und Eltern in den Stauffenbergsaal gekommen.

Detailgenau schildert Guttenberg die Leistungen jedes einzelnen Soldaten, etwa wie sie unter feindlichem Feuer ihr Leben riskierten, um verwundete Kameraden zu retten. Von Tapferkeit ist die Rede und von außergewöhnlichem Mut. Von Haltung und Pflichterfüllung. „Sie haben soldatische Tugenden im besten Sinne gezeigt“, sagt Guttenberg, dem seine Beklemmung anzumerken ist. Stück für Stück setzte sich aus den einzelnen Berichten ein Bild des Krieges in Afghanistan zusammen, wie man es in der deutschen Öffentlichkeit in dieser Deutlichkeit bislang kaum gehört hat. Jenseits von abstrakten, fast schon zur Routine gewordenen Meldungen über Anschläge auf Bundeswehrpatrouillen, gewinnen die Schicksale einzelner Soldaten Gestalt.

Etwa das von Martin Kadir Augustyniak. Der Hauptgefreite fiel zusammen mit zwei Kameraden am Karfreitag dieses Jahres. Guttenberg bezeichnete die Gefechte an diesem 2. April, bei denen acht weitere Soldaten verwundet wurden, vier davon schwer, als „eines der intensivsten in der Geschichte der Bundeswehr“. Augustyniak wurde bei dem Versuch, einen eingeschlossenen Spähtrupp freizukämpfen, zweimal verwundet und schließlich durch einen ferngesteuerten Sprengsatz getötet.Die junge Witwe des gefallenen Hauptgefreiten nimmt das postum verliehene Ehrenkreuz für Tapferkeit und die Gefechtsmedaille aus den Händen des Ministers entgegen. Viele leise Tränen fließen an diesem Tag im Bendlerblock, von der Trauer um ihren gefallenen Sohn gebeugte Eltern stützen sich gegenseitig. Väter weinen.

Die überlebenden Soldaten, wie der Hauptfeldwebel Philipp Oliver Pordzik, lassen keinen Zweifel daran, wie wichtig ihnen die verliehenen Auszeichnungen sind: als langersehnte Anerkennung für das, was sie und ihre Kameraden im Auftrag der Politiker in Afghanistan leisten. Bevor  der Minister die Geehrten und die Angehörigen ihrer gefallenen Kameraden zu einem Empfang bittet, singen die Anwesenden mit belegter Stimme die Nationalhymne. Dann ist der Krieg wieder ganz weit weg.

Fotos: Guttenberg (M.) mit Philipp Oliver Pordzik, Mario Kunert, Ralf Rönckendorf und Maik Mutschke (v. l. n. r.):  Tapferkeit und außergewöhnlicher Mut, Die am 9. November gestiftete  Gefechtsmedaille : „Sie haben soldatische Tugenden im besten Sinne gezeigt“

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