© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/10 26. November 2010

Der Euro-Rettungsschirm wird erstmals angezapft
Trickreiche Irlandpleite
Bernd-Thomas Ramb

Irland wollte eigentlich kein Geld aus dem Euro-Rettungstopf, fordert nun aber mehr als für die Fachleute nachvollziehbar. Die verwirrende Nachrichtenlage resultiert zum einen aus der lange aufrechterhaltenen Weigerung der irischen Regierung, Hilfsgelder der Euro-Länder anzunehmen, zum anderen aus den Verlustprognosen der National Asset Management Agency (NAMA), die den irischen Banken marode Hypothekenkredite abkauft.

Die NAMA ist die irische Behörde zur Rettung der irischen Banken. Nicht zu verwechseln mit den Nama, einem zwischen Südafrika und Namibia ansässigen Volk, das einst als Hottentotten bezeichnet wurde. An Tapferkeit sind beide jedoch durchaus vergleichbar. Die NAMA ist eine Tochtergesellschaft des irischen Schatzamtes, formell unabhängig, aber im Sinne des irischen Staates tätig, vergleichbar der deutschen Treuhand.

Die NAMA-Aktivitäten basieren zunächst auf dem Ankauf ins Trudeln geratener Hypothekenkredite für Gewerbeimmobilien. Irlands Banken, allen voran die Anglo Irish, konnten bisher faule Immobilienkredite in Höhe von 80 Milliarden Euro auf die NAMA übertragen. Nun rechnet diese Bad Bank der Iren auch noch umfangreiche Hypotheken im privaten Immobilienbereich zu den möglichen Verlustanlagen. Vollkommen überzogen und unrealistisch pessimistisch, meinen die in London beheimateten Großbanken Goldman Sachs und Barclays, die von der irischen Hilfsorganisation ausgeschlossen sind. Sie befürchten eine zunehmende Verunsicherung der Anleger und damit einen weiteren Anstieg der Hypothekenzinsen.

Anders als im Falle Griechenland besteht Irlands Kreditproblem überwiegend nicht im staatlichen, sondern im Bankenbereich. Die direkte Finanzierungslücke zur Erneuerung und Vergrößerung der irischen Staatsschulden wird gerade einmal auf 63 Milliarden Euro geschätzt – ausreichend für die nächsten drei Jahre.

Die irischen Banken aber haben sich kürzlich allein bei der Europäischen Zentralbank (EZB) frisches Geld in Höhe von 130 Milliarden Euro beschafft. Davon entfielen im übrigen 35 Milliarden auf die Rettung der in Irland beheimateten Zweigstelle der HRE, genauer der dort etablierten Deutschen Pfandbriefanstalt Depfa.

Fällt die EZB als Lückenfüller weiterer Bankenlöcher aus, muß der irische Staat über die NAMA einspringen. Irlands zusätzlicher Finanzierungsbedarf steigt dabei in dem Maße, in dem die NAMA Bankenkredite als gefährdet einstuft. Dazu besteht natürlich große Neigung, denn die Zeche bezahlen ja im Endeffekt die anderen Euro-Länder. Klappt das Irland-Modell, werden erstmals nicht nur Staatskredite, sondern indirekt auch Bankenkredite von der Euro-Gemeinschaft abgesichert, fehlen nur noch die Privatkredite. Dann können dank Euro sämtliche Schulden eines Landes auf das Ausland abgewälzt werden.

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