© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/10 26. November 2010

Gruß aus San Francisco
Armes Kalifornien
Elliot Neaman

Am Tag vor den Kongreßwahlen zeigten die Giants, daß sie immer für eine Überraschung gut sind. San Franciscos Baseballmannschaft hatte nicht nur wider Erwarten die World Series erreicht, sondern schlug nun gar die Texas Rangers 4:1. Der Sieg der Außenseiter bereitete den Fans um so mehr Genugtuung, als sie einen Erdrutschsieg der Mannschaft des ehemaligen Rangers-Managers George W. Bush fürchteten.

Freilich tanzte Kalifornien auch am Wahltag mal wieder aus der Reihe. Die beiden republikanischen Millionäre Weg Whitman, Gründer des Online-Auktionshauses E-Bay, und Carly Fiorina, Ex-Geschäftsführer von Hewlett Packard, unterlagen im Rennen um Gouverneursamt und Senatssitz. Statt dessen entsandten die Wähler Jerry Brown, „Gouverneur Mondstrahl“, nach Sacramento, um das Haushaltschaos zu bereinigen.

Das Wahlergebnis ist symptomatisch für den Verlust der Mitte: Besserverdiener stimmten eher für Whitman, diejenigen mit einem Jahreseinkommen zwischen 35.000 und 70.000 Dollar eher für Brown. Die Kluft zwischen denen, die die Finanzkrise unbeschadet überstanden haben, und denen, die ums Überleben kämpfen, wird immer größer. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 12,5 Prozent.

„Vor allem die Gesundheitsfanatiker werden immer unverschämter.“

Den Demokraten scheint es egal zu sein, daß der Arbeitsmarkt einbricht, weil die Regulierungswut der Staatsregierung Unternehmern das Leben schwermacht. Es gibt Tausende von Statuten, die bestimmen, welche Chemikalien zur Kleiderreinigung verwendet werden dürfen oder welche Motoröle zulässig sind. San Francisco hat landesweit den höchsten Mindestlohn und verpflichtet Arbeitgeber dazu, Krankenversicherungsbeiträge für ihre Beschäftigten zu zahlen. Das hört sich gut an, führt aber dazu, daß Unternehmen abwandern.

Auch die Gesundheitsfanatiker werden immer unverschämter. Demnächst sollen nach New Yorker Vorbild Transfette aus Restaurants verbannt und Zigarettenschachteln mit Bildern von Leichnamen versehen werden. Vielleicht sollte man die Bourgeoisie zu Selbstkritik-Marathons verpflichten, in denen Uneinsichtige ihre schlechten Ernährungsgewohnheiten bekennen müssen!

Armes Kalifornien. Und ausgerechnet jetzt geht Arnold Schwarzenegger nach Hollywood zurück. Ob es dann wenigstens auf der Leinwand ein Happy-End gibt?

 

Prof. Dr. Elliot Neaman lehrt Neuere europäische Geschichte an der University of San Francisco.

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