© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/10 26. November 2010

Hamed Abdel-Samad. Der neue Migranten-Star sagt den Untergang des Islam voraus
Der Prophet
Ansgar Lange

Für die ARD ist Hamed Abdel-Samad jüngst mit dem Provokateur und Publizisten Henryk M. Broder und dessen Foxterrier-Dame Wilma auf „Deutschland-Safari“ gefahren. Der 1972 in Ägypten als Sohn eines strenggläubigen Imams geborene Politikwissenschaftler, Historiker und Autor ist ein Star der Integrations- und Islamdebatte – und sehr fernsehtauglich. Während viele Menschen im Westen große Furcht vor einem Erstarken des Islam haben, sagt der smarte Samad, der 1995 im Alter von 23 Jahren nach Deutschland kam, in seinem aktuellen Buch „Der Untergang der islamischen Welt. Eine Prognose“ (Droemer Verlag), den Untergang der islamischen Welt voraus.

Samad hat lange gebraucht, um sich von den autoritär-totalitären Zügen seiner Religion zu befreien, wie sie in weiten Teilen der arabischen Welt gelebt und gelehrt wird. Schon als Kleinkind konnte er den Koran rezitieren, als Vier- und Elfjähriger wurde er von Männern vergewaltigt, als Student sympathisierte er mit der Muslimbruderschaft, um sich schließlich als selbstmordgefährdeter junger Mann einer stationären psychiatrischen Behandlung zu unterziehen.

Weil der Islam keine Antworten finde auf die Herausforderungen der Moderne, sei er zum Scheitern verurteilt, so die Überzeugung Samads. Überdies gingen in rund dreißig Jahren die Ölvorräte zur Neige, was die ökonomischen Grundlagen des Islam bedrohe. Der Publizist Walter Laqueur hat unlängst Zweifel an den Thesen angemeldet, die Samad in seinem neuen Buch aufstellt. So sei beispielsweise das Niveau an iranischen Schulen und Universitäten vielleicht niedrig, dennoch könne das Mullah-Regime bald die Atombombe besitzen und so dem politischen Islam eine neue Wucht verleihen.

Samad hält die Tendenzen zur Re-Islamisierung etwa unter Migranten nicht für ein Zeichen von Stärke, sondern von Schwäche. Viele Muslime schotteten sich ab und zeigten sich permanent beleidigt: „Jetzt sitzt die islamische Welt neben dem Gleis, wirft dem Zug Steine hinterher und flucht auf den Lokführer, weil er angeblich an allem schuld ist.“ Samad, der Religion für eine Privatangelegenheit hält, hofft auf eine Modernisierung des Islam. Dieser „Islam light“ sei aufgeklärt, verzichte auf Scharia, Dschihad, Geschlechter-Apartheid, Missionierung und Anspruchshaltung.

Positiv äußerte sich Samad zum Schweizer Minarettverbot, das er als einen Ausdruck von Sorgen und Ängsten sieht, die nicht im luftleeren Raum entstanden seien. Die Burka bezeichnet er als eine Kommunikationsstrategie nach dem Motto: „Ich will abgetrennt leben. Ich will mit euch nichts zu tun haben.“ Der Bau repräsentativer Moscheen könne höchstens das Ende einer gelungenen Integration markieren, nicht deren Beginn. Zum „Lohn“ für seine Offenheit wurde Samad bereits mit einer Fatwa belegt und stand zeitweilig unter Polizeischutz.

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