© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/10 26. November 2010

Gender Mainstreaming
Schöne neue Krüger-Welt
Birgit Kelle

Ich kenne Thomas Krüger nicht persönlich. Muß ich auch nicht. Seine persönlichen Vorlieben sind mir egal, auch wenn es mich schon interessieren würde, ob ich ihn nun als Herr, Frau oder was auch immer politisch korrekt ansprechen müßte, sollten wir uns zufällig begegnen. Oder hängt das demnächst von der Tageslaune ab?

Ich weiß, daß er gerne nackt auf Wahlplakaten posiert, evangelikale Christen mit Islamisten auf eine Stufe stellt und bereits einmal vom Bundesverfassungsgericht gerügt wurde für seine Veröffentlichungen. Er beleidigt Hausfrauen und verharmlost den Mord an Ungeborenen. Als Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung untersteht er dem Innenministerium und ist zumindest auf dem Papier zur Neutralität verpflichtet. Die Schriften seines Hauses dienen in Schulen als Lehrmaterial. Man kann also nicht sagen: „Laß ihn mal machen, das liest sowieso keiner.“ Doch, das lesen viele, und die meisten völlig unbedarft, weil sie noch jung sind. Und wir alle bezahlen den Spaß.

Das waren alles keine unbedachten, spontanen Äußerungen von Herrn Krüger (JF 47/10). Nein, er läßt sie in Millionenauflage drucken und an unsere Kinder verteilen. Er denkt wirklich so und mißbraucht sein Amt zur Verbreitung seiner persönlichen Meinung. Neuerdings dürfen wir jetzt alle im staatlichen Auftrag ein bißchen mehr über die Frau – alternativ den Mann, oder was auch immer in uns lernen. Sind wir denn nicht alle ein bißchen anders? Ja sicher, Herr Krüger. Trotzdem sind wir Mann oder Frau. Biologisch – und ich würde hinzufügen: gottgewollt. Daran ändern auch die abstrusen Gender-Mainstreaming-Aktivisten, die Herr Krüger seine Klientel nennt, nichts. Hat das jemand schon mal zu Ende gedacht? Zuerst wird das biologische Geschlecht aufgelöst, dann das sprachliche. Wann fordern die „Queer“-Agitatoren, das grammatikalische Er, Sie, Es abzuschaffen? Im schweizerischen Bern ist so etwas schon passiert, indem „Vater“ und „Mutter“ durch den Begriff „Elter“ ersetzt wurden. Was kommt als nächstes? Willkommen in der Orwellschen Neusprech-Zeit.

Ich will nicht warten, bis Herr Krüger anstandshalber zurücktritt, die Forderung ist sinnlos. Anlässe gab es schon genug, er wird es nicht tun. Ich frage mich, wann die Verantwortlichen ihn endlich vor die Tür setzen.

 

Birgit Kelle ist Journalistin, Mutter, Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus und Mitglied der New Women for Europe

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