© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/10 12. November 2010

Im Glauben an die Wiedergeburt
Katholische Annäherungen an das NS-System
Werner Olles

Das Verhältnis zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem nationalsozialistischen Regime war von Beginn an gespannt. Beide Seiten betrachteten sich mit äußerstem Mißtrauen, wozu einerseits die antiklerikale Ideologie eines Neuheidentums beitrug, dem vor allem die führenden Chargen der SS huldigten, während die Katholiken dem neuen Staat die Zwangsintegration der katholischen Jugendverbände in die Hitler-Jugend nicht vergeben konnten.

Doch gab es vor allem auf katholischer Seite in den ersten Jahren nach der Machtübernahme sogenannte „Brückenbauer“, die für eine Zusammenarbeit warben und darauf hofften, „im Zeichen eines großherzigen Brückenschlags zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus werde sich eine Widergeburt der deutschen Nation vollziehen“ (Manfred Müller).

Manfred Müller beschäftigt sich schon lange intensiv mit diesem Thema und legt nun in der Schriftenreihe „Kultur- und Zeitgeschichte – Archiv der Zeit“ seine gut recherchierten Untersuchungen vor. Dabei läßt er keinen Zweifel daran, daß für viele katholische Deutsche das Jahr 1933 „ein Jahr ekstatischer Hoffnungen und großer Illusionen“ war. Doch kamen den meisten diese Blütenträume bereits in der zweiten Jahreshälfte abhanden. Der Totalitätsanspruch der NS-Ideologie führte – sofern er in den religiösen Bereich einbrach – zu einem Umdenken, das sich bei manchen zu einem „rigorosen Konfrontationskurs“ steigerte.

Dennoch versuchten beispielsweise die deutschen Bischöfe immer wieder mit dem Regime einen gewissen Modus vivendi zu finden, was jedoch um so schwieriger wurde, je mehr die NS-Machthaber ihren antirömischen Affekt betonten. Als illusorisch müssen daher auch Forderungen betrachtet werden, die NSDAP im katholischen Sinne durch den „Einsatz konservativer katholischer Kräfte“ in der Partei zu „reformieren“. Die prominentesten politischen Brückenbauer waren der frühere Reichskanzler Wilhelm Marx von der katholischen Zentrumspartei und Vizekanzler Franz von Papen, Schirmherr des großdeutsch ausgerichteten Bundes „Kreuz und Adler“, dem auch Eugen Kogon als Schüler des katholischen Sozialphilosophen Othmar Spann angehörte.

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