© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/10 12. November 2010

Mike Mohring entwickelt sich zum Sprecher der letzten Konservativen in der CDU
Der Rebell
Paul Rosen

Konservative sitzen in der CDU, wenn überhaupt noch, in der zweiten Reihe. Mike Mohring will das ändern und strebt nun auf dem Karlsruher Parteitag in den Bundesvorstand seiner Partei. Der Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag bekennt sich ausdrücklich zu seiner konservativen Haltung und gehört damit einer Richtung an, die in seiner Partei zum Aussterben verurteilt zu sein scheint.

Sein Repertoire reicht vom demonstrativen Auftritt mit schwarzrotgoldener Krawatte,  über markige Interviews („die CDU spiegelt mit dreißig Prozent nicht das wider, was sie darstellen könnte“), bis zur Veröffentlichung eines Sammelbandes „Was heißt heute konservativ? Bausteine für einen modernen Konservativismus“, den er letzte Woche in Berlin vorstellte.

Das Buch beginnt mit einer Breitseite gegen Merkel: „Ein flaches Profil und weiche Botschaften haben nicht dazu geführt, mehr neue Wähler zu gewinnen, als die CDU an anderer Stelle verloren hat.“ Mit einem „möglichst vagen Angebot“ könne man eben nicht überzeugen.

Mut kann man dem 1971 im thüringischen Apolda geborenen Mohring nicht absprechen. Schon nach der für die CDU desaströs ausgegangenen NRW-Wahl fiel er mit der gegen Merkel gerichteten Bemerkung auf: „Dem bürgerlichen Lager fehlt insgesamt die Bindekraft.“ Er erkannte, was in Berlin heute noch in den bürgerlichen Parteizentralen ignoriert wird: „Wähler, die die CDU verliert, gehen nicht mehr automatisch zur FDP.“

Um die CDU wieder über vierzig Prozent zu bringen, schwebt dem Junggesellen Mohring eine CDU vor, deren Wurzeln nicht mehr gegeneinander stehen: „Wenn die liberale Wurzel für Freiheit und die christlich-soziale für Solidarität steht, dann steht die konservative für den Zusammenhang von Freiheit, Ordnung und Verantwortung“, stellt er klar.

Mohring befindet sich damit in Gesellschaft einiger anderer „Zweite-Reihe“-Politiker, die sich angenehm vom konturlosen Führungspersonal abheben. Darunter sind der Fraktionschef von Sachsen Stefan Flath, der hessische Fraktionsvorsitzende Christean Wagner und die Partei- und Fraktionschefin in Brandenburg Saskia Ludwig. Zu einer Bedrohung für die mit eiserner Faust regierende Merkel wurden sie bisher nicht.

Immerhin kann man Mohring und seinen konservativen Mitstreitern nicht nachsagen, sie hätten nicht rechtzeitig ihre Stimme erhoben oder würden auf einer mit dem Sarrazin-Buch entstandenen Welle mitreiten. Schon Anfang dieses Jahres forderten sie in einem gemeinsamen Appell Botschaften der CDU „zur Leitkultur, zur Bedeutung von Bindung und Freiheit, zur Familie, zum Lebensschutz und zum Patriotismus“ – alles Themen, um die ihre Vorsitzende einen großen Bogen zu machen pflegt. Es bleibt abzuwarten, ob Mohrings Mut auf dem Parteitag ab Montag belohnt wird.

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