© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/10 05. November 2010

Politikversagen in Deutschland
Die Abschaffer
von Wolfgang Philipp

Thilo Sarrazins Buch trägt den Titel „Deutschland schafft sich ab“. Ort dieser „Abschaffung“ ist für ihn einerseits die demographische Entwicklung, andererseits die massenhafte Zuwanderung von Muslimen, die Deutschland von Grund auf zu verändern drohen.Sarrazin greift aber noch zu kurz. Wer ist „sich“? Nach dem Wortzusammenhang wäre es das deutsche Volk, das sich abschafft, eine Art Selbstmord also. Die Fragestellung muß aber tiefer gehen: Wer treibt das Volk in diesen existentiellen Fragen zu fundamental veränderten und verderblichen Verhaltensweisen? Welche Kräfte sind hier am Werk?

Auf die demographische Fragestellung gibt es eine klare, von der Politik aber tabuisierte Antwort: Im Jahre 1976 wurden Schwangerschaftsabbrüche nicht nur strafrechtlich weitgehend freigegeben, sondern auch noch Gegenstand öffentlich-rechtlicher Sozialleistung. Mit der „Abtreibung auf Krankenschein“ wurde der Staat selbst zum Täter. Während vor 1976 Schwangerschaftsabbrüche als rechtswidrige Kindstötung angesehen wurden, hat die neue Gesetzgebung gezielt das Bewußtsein verändert.

In der Absicht, es sich mit den Frauen als Wählerinnen nicht zu verderben, trieb die politische Klasse eine in der Geschichte der Menschheit beispiellose Veränderung des Verhaltens zum eigenen Nachwuchs voran. Jetzt gilt eine Fristenlösung mit Beratungspflicht. Die Abtreibung innerhalb der ersten drei Monate der Schwangerschaft ist straflos, aber rechtswidrig.

Die Folgen sind zu besichtigen. Seit 1976, also in nur 34 Jahren, sind in Deutschland etwa neun Millionen Kinder abgetrieben worden. Das entspricht bei einer Geburtenrate von noch 650.000 Kindern vierzehn vollen Jahrgängen, die heute als junge, die Zukunft des Volkes tragende Generation fehlen. Mathematisch umgerechnet ist die Lage zahlenmäßig so, als ob seit 1996 in Deutschland kein einziges Kind mehr geboren worden wäre.

Die „Abschaffung“ durch Volkstod wird sichere Folge dieser Politik sein. Schon jetzt können viele Lehrstellen nicht mehr besetzt werden, es fehlen 400.000 Ingenieure und andere Führungskräfte. Das Rentensystem wird zusammenbrechen, voraussichtliche Altersnot der Generation, die ihre Kinder nicht ins Leben gelassen hat, zeichnet sich ab. Der demographische Zusammenbruch ist die Folge staatlich finanzierter Abtreibungen.

Gegenstand von „Abschaffung“ ist auch der Rechtsstaat: Denn die Schwangerschaftsabbrüche, welche die Länder finanzieren, sind rechtswidrig. Das Ziel, die Tötung Ungeborener zu erleichtern, steht höher als der rechtsstaatliche Grundsatz, daß der Staat nicht Handlungen fördern darf, die er selbst für rechtswidrig erklärt. Solange die Vernichtung des eigenen Nachwuchses und die damit verbundene Signalwirkung zu den Staatsaufgaben zählen, wird sich nichts ändern.

Eine Revision des Schwangerschaftskonfliktgesetzes durch Abschaffung jeder finanziellen Beteiligung öffentlicher Stellen an Abtreibungen ist unerläßlich. Die Bundestagsparteien rühren nicht an diesem Thema, alle oben beschriebenen Folgen werden von ihnen in Kauf genommen und damit auch gewollt. Sterben die ungeborenen Kinder, um jedem einzelnen hier einschlägigen Politiker den Machterhalt zu sichern? Das wäre eine „politische“ Indikation!

Sarrazins Buch greift zu kurz: Deutschland schafft sich nicht ab, sondern wird abgeschafft: Viele Millionen straffrei abgetriebene Kinder fehlen heute auf dem Arbeitsmarkt. Hinzu kommt die schleichende Islamisierung Deutschlands durch Zuwanderung.

Die „Abschaffung Deutschlands“ durch Zuwanderung ist ein schleichender Prozeß: Parallelgesellschaften, Ehrenmorde, Zwangsverheiratung junger Frauen, Diskriminierung und mangelnde Gleichberechtigung von Frauen passen nicht in Deutschlands Lebenswirklichkeit. Die politische Klasse, teilweise auch Beamte und Richter, tendiert aber dazu, vor den Machtansprüchen der Zuwanderer zurückzuweichen.

So ist es ein Skandal, daß die grauenhafte Tötung von Tieren durch Schächtung unter Zurückstellung unserer eigenen kulturellen Vorstellungen in Deutschland geduldet wird. Eßgewohnheiten werden verändert, junge Mädchen vom Schwimmunterricht befreit, in ganzen Stadtvierteln die fremde Sprache anstelle der deutschen Sprache durchgesetzt, deutsches Recht gilt nicht mehr.

Diese Entwicklung wird besonders von denjenigen politischen Kräften betrieben, die den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union befürworten. Sie bilden im Deutschen Bundestag eine Mehrheit. Diese Politiker interessieren sich nicht mehr für das künftige Schicksal Deutschlands, sondern handeln im Interesse der Türkei. Es spielt allerdings auch massiver amerikanischer Druck eine Rolle. Diese Politiker nehmen bewußt in Kauf, daß nach der mit dem Beitritt verbundenen Freizügigkeit Millionen von jungen Türken in das vergreiste Deutschland einwandern. Dann wird sich in Deutschland buchstäblich alles in Richtung einer von Ankara beherrschten Kolonie verändern.

Das ist auch das Ziel des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der ganz unverhüllt das seit Jahrhunderten von der Türkei angestrebte Ziel, Deutschland zu beherrschen, weiter verfolgt. Schon jetzt übt er über viele hundert Imame, die sämtlich türkische Beamte und bis hinein in die Freitagsgebete von Weisungen aus Ankara abhängig sind, in Deutschland türkische Staatsgewalt aus. In jeder Moschee regiert nicht nur „Allah“, sondern auch Erdogan über seine Beamten.

Die Brückenköpfe dieser Entwicklung sind bereits hundertfach in Gestalt von Moscheen zu finden. Diese sind nicht etwa nach irgendwelchen „guten Menschen“ oder „Heiligen“ benannt, sondern nach blutigen Eroberern, die Byzanz beziehungsweise Spanien mit Gewalt dem Islam unterworfen und dabei viele Verbrechen begangen haben: Ein brutales Signal beabsichtigter Landnahme für denjenigen, der sehen und hören kann.

Auch das Eintreten von Verbänden der deutschen Wirtschaft für den Türkei-Beitritt ist verfehlt. Mit dem kulturellen Untergang der Deutschen stirbt auch die erfolgreiche deutsche Wirtschaft. Von den hier lebenden Türken arbeitet nur noch jeder zweite, Milliarden und Abermilliarden Euro verzehren sie als Hartz-IV-Empfänger, bezahlt durch die Arbeit der Deutschen. Wer den Türkei-Beitritt zur EU wünscht, gibt Deutschland auf. Eine politische Mehrheit will das auch.

Gegenstand von „Abschaffung“ ist darüber hinaus die souveräne deutsche Staatlichkeit. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in seinem Urteil vom 30. Juni 2009 zum Lissabon-Vertrag noch einmal versucht, deutsche Staatlichkeit zu retten und der EU den Charakter eines „Bundesstaates“ abzusprechen (JF 20/10). Davon ist es aber kürzlich in der sogenannten „Mangold-Entscheidung“ abgerückt.

Jetzt sind die Dämme gebrochen: Mit ungeheuerer Schnelligkeit wird auf den verschiedensten Wegen die Macht in Brüssel erweitert: Ein Ansatz hierfür ist die Zuerkennung diplomatischer Vertretungen für die EU in der ganzen Welt. Tausende von Diplomaten werden angestellt, in allen oder den meisten Ländern der Welt eigene Botschaften der EU eingerichtet. Die eigene Außenpolitik der EU wird die Außenpolitik Deutschlands entmündigen. Ganz besondere neue Machtfülle erwächst der EU aus der „Finanzkrise“. Diese hat sie letztlich selbst herbeigeführt, indem sie seinerzeit Griechenland aufgenommen hat, obwohl sie wissen mußte, daß sie dort belogen wird.

Nach den Vereinbarungen über den „Rettungsschirm“ ist die Europäische Zentralbank entgegen allen herkömmlichen Regeln dazu übergegangen, Staatsanleihen schwacher Länder aufzukaufen. Die Kommission vergibt riesige Kredite an ebensolche Länder, und die Einzelstaaten müssen sich für Leistungen einer EU-Zweckgesellschaft verbürgen.

Abgeschafft wird auch die souveräne deutsche Staatlichkeit. Schon heute existiert die EU faktisch als Bundesstaat. Bei den Nationalstaaten verbleibt eine Restsouveränität und die finanzielle Haftung. Urheber sind Presse und die politische Klasse.

Als nächstes erhält die EU jetzt drei starke zentrale Finanzaufsichtsbehörden, welche je getrennt die Banken, die Versicherungen und die Börsen in Europa kontrollieren sollen. Gegen Länder mit schwacher Wettbewerbsfähigkeit sollen Strafen eingeführt werden. Es bedarf keines langen „staatsrechtlichen“ Nachdenkens, um zu erkennen, daß Länder, die einer solchen Aufsicht unterliegen und Strafen bezahlen sollen, wenn ihre Politik nicht den Wünschen in Brüssel entspricht, alles andere als „souverän“ sind.

Es gehört – im Gegensatz zu früher – nicht mehr viel Wagemut dazu jetzt festzustellen, daß Europa ein Bundesstaat ist. Die einzelnen Staaten haben noch eine Restsouveränität behalten, die derjenigen der deutschen Bundesländer innerhalb des deutschen Verbundes ähnelt. Das Fehlen eines Staatsvolkes interessiert die handelnde politische Klasse nicht, die faktisch bestehende Staatsmacht der EU braucht solche „Theorien“ nicht mehr.

Ohne Staatsvolk ist eine solche Herrschaft indessen Fremdherrschaft: Hier erleben wir die politische Abschaffung Deutschlands als selbständiger souveräner Staat, der über die neu geschaffene „Transfergemeinschaft“ auch noch für die Schulden der anderen Euro-Staaten haftet.

Jedes Volk hat seine eigene Herkunft und Geschichte, hat etwas Eigenes, das es von anderen Völkern unterscheidet und das Zusammengehörigkeitsgefühl trägt: Identität. Diese Identität wird in Deutschland von der politischen Klasse in Frage gestellt. Es fehlt an Selbstachtung; der gegenüber dem Ausland gekrümmte Rücken unserer Politiker ist, auch wenn es Ausnahmen gibt, sprichwörtlich.

Ohne Selbstbehauptungswillen kann ein Volk aber nicht bestehen. Ein besonderer Ort, diese Identität auszuhöh­len ist das Geschichtsbewußtsein. Hier wird seit Kriegsende mit unnachsichtiger Härte versucht, eine bestimmte von den Siegern ausgehende Geschichtsdeutung durchzusetzen, und sogar das Schicksal der Flüchtlinge kleinzureden beziehungsweise zu rechtfertigen. Richtiges und Falsches wird durcheinandergemischt. Gesichtspunkte vorzutragen, die im Einzelfall auch Deutschland entlasten, ist nicht „korrekt“.

Die neuere umfangreiche und seriöse Literatur über die Ursachen des Zweiten Weltkrieges wird von Politik und Presse ignoriert. Hier wie auch sonst eine an der schlichten Wahrheit orientierte differenzierte Betrachtung anzustellen wird verpönt. Wenn ein Volk jenseits der Wahrheitssuche unter politischen Zielsetzungen von seiner eigenen Geschichte abgeschnitten und über sie getäuscht wird, ist auch das eine Form der „Abschaffung“ dieses Volkes, nämlich seiner Identität.

Diese Erkenntnisse sind allesamt das Produkt des demokratischen Staates. Die Abgeordneten haben sich von dem Volk, das sie gewählt hat, weit entfernt, nehmen es kaum mehr wahr und entscheiden in Lebensfragen gegen dieses Volk: obwohl sie dessen abweichende Meinung kennen oder erahnen. Formell abgefragt wird diese Meinung deshalb schon gar nicht. Wer auf das Volk hört, wird als „Populist“ beschimpft.

An dieser Stelle liegt der Ansatz für eine schwere Krise der Demokratie. Auch sie befindet sich im Zustand der „Abschaffung“. Schon Plato wußte, daß am Ende entarteter Demokratie die Diktatur steht. Alle diese katastrophalen Entwicklungen gehen nicht vom „Volk“ aus, sondern von einer weithin durch die Presse unterstützten „politischen Klasse“. Sie ist es, die Deutschland abschafft!

 

Dr. Wolfgang Philipp war Syndikus der Dresdner Bank und ist seit 1976 Rechtsanwalt in Mannheim. Auf dem Forum schrieb er zuletzt über den Bestand der Beneš-Dekrete im EU-Recht („Verneinung der Rechtsidee“,JF 26/10).

Foto: „Deutsches Requiem“ betitelte Angerer der Ältere dieses in Lasurmalerei bereits 1979 entstandene Bild: Deutschlands Abschaffung ist kein Selbstmord, dahinter steckt planvolles politisches Handeln

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