© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/10 05. November 2010

Geert Wilders schlägt zurück
Machtbeschränkung: In Holland befindet sich das politisch-korrekte Staatsfernsehen auf dem Rückzug
Mina Buts

Der Regierungsantritt der rechts-liberalen Koalition in den Niederlanden wird Auswirkungen auch auf die Kulturpolitik des Landes haben. Rund eine Milliarde Euro sollen im Kulturbereich gespart werden, und das radikale Streichorchester, welches die Rechtsliberalen (VVD) und Christdemokraten (CDA) gemeinsam mir ihrem Mehrheitsbeschaffer PVV, der Partei von Geert Wilders, angekündigt haben, wird nicht nur zur Auflösung von vier Landesorchestern führen, sondern auch die Museums- und Bibliothekslandschaft verändern.

Staatsfernsehen war klarer Gegner von Wilders PVV

Ganze 200 Millionen Euro Kürzung müssen dabei auch die öffentlichen Fernsehsender hinnehmen. Drei öffentliche Fernsehprogramme gibt es in den Niederlanden, die sich im wesentlichen aus den Fernsehanstalten der drei staatstragenden Säulen Sozialdemokratie, Reformierte und Katholiken speisen, aber auch eine Vielzahl von  ethnischen und religiösen Minderheiten und Interessengruppen des Landes zu berücksichtigen haben.

So gibt es neben buddhistischen, jüdischen, muslimischen und freikirchlichen Sendern auch einen Sender für junge Menschen neben einem für alte. Je nach Größe der jeweiligen Gruppe wird deren Sendezeit festgelegt, die dann thematisch sortiert auf Niederlande 1, 2 oder 3 ausgestrahlt wird.

Schon seit Jahren werden diese offiziellen Fernsehprogramme von der islamkritischen Wilders-Partei als zu sozialistisch, zu multikulturalistisch und zu grün gebrandmarkt. Als die Sesamstraße Anfang 2009 für eine multikulturelle Werbeshow auf einen anderen Sendeplatz verschoben wurde, protestierte Wilders genauso wie bei dem Verlesen israelkritischer Nachrichten durch eine kopftuchtragende Muslimin oder einer wissenschaftlich nicht haltbaren Stimmungsmache zum Thema Klimawandel, die die Verantwortung für den Kohlendioxid-Ausstoß den zuschauenden Kindern in die Schuhe schieben wollte. Sogar ein Film gegen Geert Wilders wurde 2008 von den öffentlichen Sendern finanziert und ausgestrahlt.

Im vergangenen Wahlkampf war die Stimmungsmache gegen Wilders nicht zu überhören, kein Wunder also, daß dieser nun unbedingt deren Machtbeschneidung fordert. Momentan stehen die Chancen dafür gut, denn von den drei großen Säulen ist nur noch die Christdemokratie an der Regierung beteiligt.

Einer der drei Sender sollte, würde es nach Wilders gehen, gleich ganz vom Netz genommen werden. Noch geben sich die öffentlichen Sender unaufgeregt: Ihre Kassen sind dank Staatsfinanzierung und Werbeeinnahmen gut gefüllt, die Dauerhaftigkeit der Minderheitenregierung, die von Wilders toleriert wird, muß ohnehin erst noch unter Beweis gestellt werden.

Immerhin sind seit September zwei private, nicht-linke Sender mit jeweils etwas mehr als fünf Wochenstunden auf den öffentlichen Kanälen zu sehen. Mehr als 50.000 Unterstützerunterschriften mußte jeder von ihnen sammeln, um einen garantierten  Sendeplatz zu bekommen.  PowNed, hinter dem das libertäre Internetmagazin Geenstijl.nl steht, hat nun fünf Tage in der Woche abends eine einstündige Nachrichtensendung auf Nederland 3, WNL (Wakker Nederland), von der populistischen Tageszeitung De Telegraaf finanziert, produziert die morgendlichen Nachrichten bei Nederland 1.

Schon jetzt gibt es zwei rechte Sender

Beide Sender haben sich auf  Nachrichtensendungen und Talkrunden fokussiert in der Hoffnung, damit am ehesten Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen zu können. Ein erstes Beispiel, wie dies gelingen könnte, bildeten die Porträts des neuen niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte von der VVD.

In beiden Sendungen kamen Freunde und Weggefährten von Rutte zu Wort, beide Male wurde ein ausgesprochen positives Bild von Rutte gezeichnet, der wegen seiner Tolerierung durch die PVV im eigenen Land heftig kritisiert wird. Kritische Töne zu Rutte und seiner Regierung waren dabei nicht zu hören.

Der Erfolg der Internetseite von Geenstijl.nl, das sich als Magazin für junge, gut ausgebildete Menschen versteht und immer für Tabubrüche und politische Unkorrektheiten gut ist, manchmal aber auch einfach nur ordinär und schnoddrig daherkommt, schlägt bislang aber nicht auf die von ihr gestaltete Fernsehsendung durch. Besucht jeder zehnte Niederländer mindestens einmal wöchentlich die Internetseite von Geenstijl, so hat PowNed nicht mehr als 250.000 Zuschauer gefunden.

WNL gibt sich seriöser und versucht den rechten Flügel zu bedienen. Deren Chefredakteur Fons van Westerloo erklärt, den öffentlichen Sendern wäre in den letzten Jahren vorgeworfen worden, nur in unzureichendem Maße ein erkennbares „rechtes Geläute“ von sich gegeben zu haben. Daher wolle er mit WNL konservativ-liberales Gedankengut vergegenwärtigen und damit „den Bürgern eine Stimme geben, die sich in der Gesellschaft unzureichend vertreten fühlen“.

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