© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/10 29. Oktober 2010

Am Schuß vorbei
Deutsche Jäger plagen sich mit „grüner“ Politik, dem Jagdrecht und Tierschützern
Toni Roidl

Am 3. November ist „Sankt Hubertus“, der Namenstag des Schutzpatrons der Jäger. „Allerhasen“ witzeln die Waidleute, weil der Hubertustag den Feiertagen Allerheiligen und Allerseelen folgt. Bei den Hubertusjagden, die Anfang November landauf, landab stattfinden, haben viele Jäger diesmal nur ein Gesprächsthema: das Sieben-Punkte-Papier des Deutschen Jagdschutzverbandes (DJV) gegen eine Zersplitterung des Jagdrechtes.

Seit der Föderalismusreform 2006 sind in vielen Bundesländern ideologische „Reformbestrebungen“ beim „Management für Wildtierpopulationen“ angestrengt worden. International gilt das deutsche Jagdrecht als vorbildlich – im eigenen Land ist es durch „grüne“ Politik in Gefahr.

Beispiel Saarland: Hier gilt „das Auslösen von Schußlärm“ von Februar bis Juli pauschal als „Beeinträchtigung des Schutzzweckes“. „Wer hat hier den Schuß nicht gehört?!“ schimpfte der Präsident des Deutschen Jagdschutzverbandes (DJV), Jochen Borchert, beim Bundesjägertag in Templin im Juni.

Damals beschlossen die Delegierten ein Sieben-Punkte-Papier gegen eine föderale Zersplitterung des Jagrechtes. Neben Jägern unterschrieben auch Politiker, Landwirte und Naturschützer. Am 8. Oktober wurden nun am Rande der Agrarministerkonferenz in Lübeck 75.000 Unterschriften übergeben. So einig sind die Jäger allerdings nicht: Der Initiative schlossen sich nur 15 Landesverbände an – die Bayern wollen trotz aller Kompromißbemühungen ihren eigenen Weg gehen.

Dennoch: Die DJV-Geschäftsstelle zieht derzeit nach Berlin um und hat ein Verbindungsbüro in Brüssel eingerichtet. Lobbyarbeit ist angesagt, denn daß in Deutschland eine geschlossene Jägerschaft vonnöten ist, daran zweifelt kein Hubertus-Nachfolger. Daß Waidwerk angewandter Naturschutz ist, haben die Jäger mit ihrer Initiative zur Vernetzung von Wildlebensräumen bewiesen. Inzwischen hat das Bundesverkehrsministerium den Bau von deutschlandweit 20 „Grünbrücken“ zur Verkettung von Waldgebieten genehmigt, was insbesondere dem Schalenwild zugute kommt. Auch andere Tier- und Pflanzenarten profitieren von dieser „Biodiversität“.

Durch ein uneinheitliches Jagdrecht einzelner Länder sei dagegen die „Waidgerechtigkeit“ gefährdet, klagt der DJV. Der traditionelle, verbindliche Wertekanon, dem sich jeder Jäger unterwirft, verlöre seine Gültigkeit, wenn sich praxisferne Ideologen daran zu schaffen machten – grüner Tisch statt grüner Rock.

Tierschützer und Steuern setzen den Jägern zu

Als wenn die Jäger nicht schon genug Probleme hätten: marodierende „Tierschützer“, die Hochsitze demolieren, oder schmerzhafte Steuerschrauben wie Waffenbesitzsteuer oder Jagdsteuer. In Rheinland-Pfalz protestieren die Jäger gegen die Jagdsteuer, indem sie „Fallwild“ – zum Beispiel überfahrene Rehe – nicht mehr als kostenlosen Service von den Straßen entfernen.

Nun wollen die deutschen Jäger selbst in die Offensive gehen und Öffentlichkeitsarbeit leisten. Hauptzielgruppe: die Fleischkonsumenten. Denn der bisherige Pro-Kopf-Verzehr von Wildbret mit nur 500 Gramm im Jahr könne nur als „homöopathische Dosis“ bezeichnet werden, meint Jochen Borchert. Dem will die Jägerschaft durch aktive Verkaufsförderung auf die Sprünge helfen, unter anderem mit einem eigenen Etikett „Wild aus der Region“. Kommen die Fleischesser auf den Geschmack, könnte dies auch das Ende von Wildschwein-Überpopulationen bedeuten, die selbst in urbanen Regionen Schäden anrichten. www.jagd-online.de

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