© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/10 29. Oktober 2010

Zeitschriftenkritik: Schi­ffe, Menschen, Schicksale
In Kaisers Namen
Marcus Schmidt

Trotzig reckt der Matrose, der auf dem wellenumspülten Kiel des gekenterten Kreuzers Leipzig steht, den britischen Kriegsschiffen die kaiserliche Reichskriegsflagge entgegen. Das Bild mit dem Titel „Der letzte Mann“ kannte in der Zwischenkriegszeit jedes Kind, und  auch heute erfreut sich das Motiv noch einer gewissen Bekanntheit, auch wenn der historische Kontext mittlerweile weitgehend in Vergessenheit geraten ist.

Die 200. Ausgabe der Zeitschrift Schiffe, Menschen, Schicksale ist geeignet, diese Lücke zu füllen. Das Jubiläumsheft des marinehistorischen Magazins widmet sich der Geschichte der Panzerkreuzer Scharnhorst und Gneisenau der kaiserlichen Marine. Die beiden Schiffe bildeten das Rückgrat des deutschen Ostasiengeschwaders, zu dem unter anderem auch die Leipzig zählte. Das Geschwader war vor dem Ersten Weltkrieg in Tsingtau, dem deutschen Pachtgebiet in China stationiert, dem einzigen Stützpunkt der Marine in Übersee. Von hier aus sicherte der Verband die Interessen des Reiches in Asien und die deutschen Besitzungen in der Südsee. Am 8. Dezember 1914 wurde das von Admiral Graf Spee geführte Geschwader in einer Seeschlacht bei den Falklandinseln im Südatlantik versenkt, nur der kleine Kreuzer Dresden konnte entkommen. Zuvor hatte das Ostasiengeschwader jedoch der stolzen Royal Navy eine bittere Niederlage zugefügt. In der Schlacht von Coronel vor der chilenischen Küste vernichteten die Schiffe des Kaisers einen britischen Verband und fügten der Flotte damit die erste Niederlage seit mehr als 100 Jahren zu. Für Großbritannien bedeutete dies eine ungeheure Schmach, die erst durch die von Marineminister Winston Churchill eilig angeordnete  Entsendung modernster Schlachtkreuzer getilgt werden konnte.

Das vorliegende Heft schildert äußerst detailliert die Rolle des Ostasiengeschwaders und die Vorgeschichte dieser blutigen Auseinandersetzung und gibt zudem mit unzähligen historischen Bildern einen guten Überblick über die Entwicklung der Kriegsschiffe am Beginn des 20. Jahrhunderts.

Durchaus kritisch wird dabei die Taktik Spees betrachtet, der die direkte Konfrontation mit dem Gegner suchte. In der Tat stellt sich die Frage, ob es nicht wirkungsvoller gewesen wäre, wenn die Kreuzer auf sich allein gestellt Jagd auf feindliche Handelsschiffe gemacht hätten, anstatt die Schlacht mit der überlegenen britischen Seemacht zu suchen. Wie erfolgsversprechend der Kreuzerkrieg war, zeigt das Beispiel der Emden. Der Kleine Kreuzer gehörte ebenfalls zum Ostasiengeschwader, war aber bei Kriegsausbruch von Admiral Spee aus dem Geschwader entlassen worden. In den darauffolgenden Monaten versenkte die Emden im Pazifik zahlreiche Handelsschiffe und band damit gleichzeitig gegnerische Kriegsschiffe. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte, dem das Magazin bereits ein eigenes Heft gewidmet hat, das beim Verlag bestellt werden kann.

Kontakt: Holtenauer Straße 67, 24105 Kiel. Das Einzelheft kostet 4, 90 Euro,  die Jubiläumsausgabe 9,80 Euro, das Jahresabo 44 Euro.  www.schiffe-menschen-schicksale.de

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