© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/10 22. Oktober 2010

Der spanische Baukonzern ACS will Hochtief schlucken
Versuch mit Bedenken
Klaus Peter Krause

Der spanische Baukonzern Actividades de Construcción y Servicios (ACS) will am größten deutschen Pedant Hochtief die Kontrollmehrheit erwerben. Man kann dieses Begehren aus zwei Blickwinkeln betrachten. Zum einen aus Sicht der Aktionäre: Ist das ACS-Angebot für sie lukrativ genug, um es anzunehmen oder nicht? Zum anderen aus ordnungspolitischer Warte: ACS ist nicht so „strotzgesund“ wie die solide, praktisch schuldenfreie Hochtief AG, sondern hoch verschuldet.

Wird er Hochtief – zu Lasten der dort Beschäftigten – später auspowern oder ausschlachten? Soll also der deutsche Staat mit zusätzlichen Regeln ein gutes Unternehmen vor der Übernahme durch ein schwaches schützen? Nein, denn Hochtief kann selbst die Übernahme abwehren – mit „Giftpille“ und/oder „weißem Ritter“. Und die Minderheitsaktionäre sind durch die Pflichtangebotsregel hinreichend geschützt.

Besonders bedenklich ist aber der Vorwurf an Hochtief, der Konzern biete der Börse keine Phantasie, konzentriere sich nur auf seine Arbeit, übertreibe dabei nicht, setze auf seine Zuverlässigkeit und Solidität, sei berechenbar, wolle weiter nicht auffallen, verlasse sich auf seine sprudelnden Gewinne, sei also für die Börse ein erzlangweiliges Unternehmen und daher dort unterbewertet. Hochtief habe seinen Aktienkurs vernachlässigt, sei also an seiner eigenen Unterbewertung selbst schuld.

Bedenklich ist der Vorwurf deswegen, weil er als Aufforderung zu Leichtsinnigkeiten, Übertreibungen und Schaumschlägereien verstanden werden kann, nur um den Börsianern zu gefallen. Beruhen Kurssteigerungen also (gerade auch) auf einer solchen Geschäftspolitik, sind solche Unternehmen vor Übernahmen offenbar gefeiter als Unternehmen, die, obwohl grundsolide, den Börsenakteuren keine Kursphantasien bieten und gerade deswegen zu Zielscheiben von Übernahmen und Zerschlagungen werden, weil die Börse sie „unterbewertet“.

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