© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/10 22. Oktober 2010

Johann Gudenus. Die FPÖ- Zukunftshoffnung tritt nach der Wahl in die erste Reihe
Straches Mann
Werner Heller

Wenn sich in den nächsten Wochen – der Termin steht noch nicht fest – der Wiener Landtag konstituiert, wird die FPÖ-Nachwuchshoffnung Johann Gudenus deutlicher als bisher an die Seite von Parteichef Heinz Christian Strache treten. Der alerte Vorsitzende des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ), der FPÖ-Jugendorganisation, übernimmt die Führung des freiheitlichen Klubs, sprich der Fraktion, im Landtag und betritt damit die Bühne der führenden FPÖ-Funktionäre.

Der Ausgang der Wahl am vorletzten Sonntag (JF 42/10) hat nicht nur die Meinungsforschungsinstitute überrascht. Der Erfolg des Duos Strache/Gudenus – die Blauen holten 27,1 Prozent – hat alle etablierten Parteien beschädigt. Nun kann „Straches strammer Statthalter“ (Kurier), der im Wahlkampf „den aggressivsten Einpeitscher“ (Profil) gegeben hat, und der auf der FPÖ-Landesliste sogar Generalsekretär Harald Vilimsky überrundete, zeigen, was er kann.  

Johann Gudenus, geboren 1976 in Wien, zählt zu den wenigen Talenten im eher dünnen Personaltableau der Freiheitlichen. „Der Joschi kann’s“, attestieren ihm jugendliche Verehrer, „ob modern oder alt, Disco oder Janker.“ Tatsächlich führt Gudenus den RFJ nicht einfach als Lehranstalt für Karrierepolitiker. Denn sozialisiert wurde er, der aus einem alten Grafengeschlecht stammt, nicht nur durch seinen Vater, einen Oberst i.R. und langjährigen FPÖ-Bundes- und Nationalratsabgeordneten, der ihn sowohl katholisch wie nationalkonservativ erzog, sondern auch durch den Kreis um den 1996 verstorbenen FPÖ-Bohemien Christian Böhm-Ermolli. Der Maler und Sozialphilosoph war, wie Gudenus heute, jung, gutaussehend, sportlich, besaß einen überragenden Intellekt, war urban, fand mühelos Anschluß an Sub- und Popkultur, und wurde rasch zur Stilikone einer jungen „Neuen Rechten“ in Österreich, bis er sich mit dreißig eine Kugel durch den Kopf jagte.

Gudenus, inzwischen Vater geworden, blieb das Abgleiten in den Nihilismus erspart. Er studierte die Rechte, zog im Todesjahr Böhm-Ermollis erstmals in ein Wiener Kommunalparlament ein, schaffte 2005 den Sprung in den Landtag, besuchte die Moskauer Lomonossow-Universität und graduierte an der diplomatischen Akademie Wien. Letzteres zeigt, daß sein Blick über den Horizont eines „normalen“ Berufspolitikers hinausgeht. Sein Interesse speziell für Rußland spiegelt seine Haltung zu Österreich als mitteleuropäischem Staat wider, der immer auch nach Osten und nicht nur nach Westen blicken muß. Damit könnte Gudenus sich für die FPÖ als wichtige Bereicherung erweisen. Denn wenn diese ihre Sicherheits-, Einwanderungs- und ausländerpolitischen Forderungen mit dem Spielraum vergleicht, der ihr etwa das EU-Recht noch läßt, dann wird sie Talente wie Johann Gudenus wohl noch bitter nötig haben.

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