© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/10 22. Oktober 2010

Zuwanderung
Seehofer hat recht
Norbert Geis

Eine Welle der Empörung schwappt wieder einmal über die Medienlandschaft. Frau Künast von den Grünen ist „sprachlos“, Klaus Wowereit (SPD) fordert die Kanzlerin auf, „Farbe zu bekennen“, und die Integrationsministerin Maria Böhmer (CDU) ist „schockiert“. Anlaß für diese Reaktionen: Der bayerische Ministerpräsident hat sich erlaubt, in einem Interview zu sagen, daß anstatt verstärkt Fachkräfte aus anderen Kulturkreisen wie der Türkei oder dem arabischen Raum anzuwerben, wir in erster Linie doch zunächst das eigene Potential ausschöpfen sollten und diejenigen in Arbeit bringen müssen, die bereits in Deutschland leben.

Die Debatte der vergangenen Woche zeigt wieder einmal beispiellos, wie groß der Graben zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung ist. Wehe ein Politiker, ganz gleich welcher Couleur, wagt es Fakten auszusprechen. Man kann fast den Eindruck gewinnen, als dürfe man bestimmte Wahrheiten nicht mehr öffentlich aussprechen, ohne gleich in das rechtsextreme, braune Lager geräumt zu werden. Selbstverständlich fehlt es Deutschland an Wissenschaftlern und Fachkräften. Das hat doch niemand bestritten. Fakt ist aber auch, daß besonders Muslime Probleme im Bereich der Integration haben.

Da ist es doch nur logisch anzusprechen, daß ein weiterer Zuzug gerade aus dem muslimischen Kulturkreis unsere Probleme ganz sicher nicht lösen wird. Daß bei uns ein großes Integrationsproblem besteht, bestätigt ja auch der türkische Europaminister. Er kritisiert die türkischstämmigen Zuwanderer in Deutschland, daß sie nicht ausreichend deutsch sprechen, daß sie sich abschotten und ihre Kinder nicht auf deutsche Schulen schicken. Er ruft sie dazu auf, ihre Einstellung zu ändern. Wäre diese berechtigte Forderung aus dem Munde des bayerischen Ministerpräsidenten gekommen, müßte er erneut mit Anfeindungen rechnen.

Dabei hat der türkische Europaminister nur das ausgedrückt, was im Grunde selbstverständlich ist und im übrigen in jedem anderen klassischen Zuwanderungsland längst eingefordert wird. Minister Egemen Bagis ist ebensowenig in die rechtsextreme, braune Ecke einzuordnen wie Horst Seehofer oder Thilo Sarrazin. Sie sprechen nur das aus, was andere schon lange wissen.

 

Norbert Geis, CSU, ist Rechtsanwalt und seit 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages

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