© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/10 15. Oktober 2010

Klimaskeptiker in die Luft sprengen
Kampagne: Der Ton gegenüber Kritikern der Klimawandel-Ideologie wird rauher
Ronald Gläser

Eine Lehrerin spricht zu ihrer Klasse:  „Bevor ihr geht, möchte ich euch noch eine Sache vorstellen. Sie heißt 10-10. Die Idee ist, daß jeder sofort seinen Kohlendioxidausstoß um zehn Prozent verringert.“

Klar, es geht um den „Klimaschutz“. Die Lehrerin will, daß die Kinder mitmachen, um „den Planeten zu retten“. Nachdem sie das Konzept erklärt hat, fragt sie, wer mitmachen will – und wer nicht. Zwei Schüler weigern sich. „Fein“, sagt die Lehrerin. Es werde „kein Druck“ ausgeübt („no pressure“). Dann drückt sie einen Knopf, und die beiden skeptischen Schüler werden in die  Luft gesprengt. Ihre Klassenkameraden werden mit Blut vollgespritzt, überall liegen Hautfetzen herum. Die Botschaft ist klar: So ergeht es Skeptikern, die sich dem Klimaschutz widersetzen. Das englischsprachige Video mit dem Titel „no pressure“ ist gerade ein Renner auf dem Videoportal Youtube.

Der Kurzfilm wurde für die Aktion 1010global.org produziert, die in Deutschland unter anderem mit dem Konterfei von Hannes Jaenicke wirbt. Inzwischen hat sich die Organisation von dem Streifen distanziert, doch ein fader Nachgeschmack bleibt: Wer das Dogma von der vom Menschen gemachten Erderwärmung anzweifelt, der muß mit Verunglimpfungen rechnen – sogar damit, in die Luft gesprengt zu werden.

Bislang richtete sich der Zorn der Klimaschützer vor allem gegen Wissenschaftler, die aus der Reihe tanzen. Sie müssen seit Jahren mit Diffamierungskampagnen rechnen. Zuletzt traf es Fred Singer, einen amerikanischen Physiker, der bei einer Diskussionsveranstaltung eines FDP-Abgeordneten in Berlin aufgetreten ist. Singer berichtete dort seine Sicht der Dinge: Die Sonne – und nicht der Mensch – sei für das Klima verantwortlich, die sogenannte Klimaforschung sei Humbug. Für die anwesende CDU-Abgeordnete Marie-Luise Dött  hörte sich das alles „einleuchtend“ an.

Als die Financial Times Deutschland sie später zitierte, brach ein Sturm der Entrüstung los, der sich gegen Dött und Singer richtete. Die Kampagne gipfelte in einem verleumderischen Bericht („Die Wissenschaft als Feind“) im Spiegel vor einer Woche. Das Hamburger Nachrichtenmagazin wird dieser Tage wohl Post von Singers Anwälten erhalten. Der  86jährige US-Physiker sieht sich zu Unrecht als Industrielobbyist dargestellt und plant eine Gegendarstellung durchzusetzen.  Der Kampf um die Erderwärmung wird dann vielleicht auch vor deutschen Gerichten ausgetragen.

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