© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/10 15. Oktober 2010

Sozialnetzwerk mit Macken
Wem nutzt Facebook – außer Firmengründer Mark Zuckerberg?
Patrick Schmidt

Das Überschreiten der magischen Zahl von 500.000.000 Nutzern, immer neue Anwendungen und Erweiterungen, fortgesetzte Kritik von Datenschützern und nicht zuletzt der in der vergangenen Woche angelaufene Film „The Social Network“ rücken Facebook in den Mittelpunkt des Interesses. Warum hat sich gerade dieses soziale Netzwerk durchgesetzt – und nicht die anderen? Wie hält es Facebook mit der Privatsphäre, und sieht die Zukunft tatsächlich so rosig für diese Plattform aus, wie manche Medienanalysten vermitteln wollen?

Schätzung: Facebook hat einen Milliardenwert

Facebook wurde 2004 von Mark Zuckerberg und anderen Kommilitonen als ein internes Netzwerk für Studenten der Harvard-Universität gegründet. Es diente den Studenten zum Austausch von Manuskripten, Bildern oder anderen studienrelevanten Dingen, entwickelte sich aber schnell zu einem sozialen Netzwerk, zu dem bald immer mehr Personen Zugang hatten.

Der Name Facebook ist von den an amerikanischen Colleges und Universitäten üblichen Handbüchern abgeleitet, die den neuen Studenten einen besseren Überblick über die Hochschule und ihre Mitstudenten ermöglichen sollen. Auch wenn es schwierig ist, den Wert eines Unternehmens zu bestimmen, das keine Gewinne einfährt, wird Facebook auf fünfzehn Milliarden Dollar geschätzt.

Für einen Anteil von 1,6 Prozent beispielsweise zahlte Microsoft im Jahre 2007 240 Millionen Dollar. Facebook gibt es mittlerweile in 70 Sprachen und mit unzähligen Applikationen, die über die reine Nutzung als soziales Netzwerk hinausgehen.

So erfreut sich „Farmville“, ein Facebook-Onlinespiel, mittlerweile so großer Beliebtheit, daß es über 74 Millionen Menschen weltweit spielen. Die hohe Zahl an Nutzern macht diese Plattform natürlich auch für Ermittler reizvoll: Mit 12,7 Millionen Dollar kaufte sich eine amerikanische Risikokapitalfirma bei Facebook ein, deren Vorstandsvorsitzender gleichzeitig bei einem durch die CIA gegründeten Unternehmen ebenfalls im Vorstand sitzt. Mittlerweile besitzt die CIA eine eigene Seite auf Facebook, auf der sie ankündigt, wenn sie neue Mitarbeiter rekrutieren will.

Nicht nur dieser Umstand, sondern gerade auch die Kritik von Datenschützern besonders aus Deutschland läßt Facebook mitunter in einem fahlen Licht erscheinen. So kam prompt Protest von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner am lockeren Umgang mit privaten Daten durch Facebook. Kritiker finden sich auch im „Chaos Computer Club“ (CCC) in Hamburg, die das Netzwerk als „Datenkrake“ bezeichnen.

In die Kritik war Facebook in diesem Frühjahr  geraten, weil jeder Nutzer den neuen Datenschutzrichtlinien von Facebook zustimmen mußte. Diese hätten dann die Weitergabe von persönlichen Informationen, etwa an die Werbeindustrie, gestattet. Erst nach wütenden Protesten und Boykottaufrufen Tausender Nutzer lenkte Facebook ein und verschärfte die Sicherheitsrichtlinien auf seinem Portal.

Doch vielen geht das nicht weit genug. Der 31. Mai dieses Jahres wurde online zum „Quit Facebook Day“ ausgerufen, nachdem etliche Blogger auf der Seite „ausgestiegen.com“ ihre Gründe für einen Rückzug aus der virtuellen Welt des Freunde-Netzwerkes dargelegt hatten. Mittlerweile sind mehr als 30.000 Nutzer diesem Aufruf gefolgt. Andere hingegen leiden regelrecht unter „Facebook-Entzug“, wenn ihr geliebtes Netzwerk mal für ein paar Stunden ausfällt. Als am 31. August dieses Jahres die Seite Facebook für zweieinhalb Stunden nicht erreichbar war, schaffte es diese Nachricht auf Platz zwei oder drei in den internationalen Massenmedien. Die Tagesschau brachte diese Meldung an zweiter Stelle in den 20-Uhr-Nachrichten.

Facebook-Mitglieder können geortet werden

Nachdem Facebook diesen Monat mit seinem Ortungsdienst „Places“ ans Netz gegangen ist, gibt es erneut Reaktionen von Befürwortern und Gegnern. Für einige ist der neue Ortungsdienst „Places“, der den Kontakten des Nutzers bei Facebook mitteilt, wo sich die Person gerade aufhält, ein Segen – für viele aber ein Fluch. Auch wenn Facebook seinen Nutzern versichert, daß der Standort eines Mitglieds nur bei Einwilligung des Nutzers anderen mitgeteilt wird, so bleiben viele skeptisch.

Diese Skepsis spiegelt sich auch in den Zukunftsprognosen für Facebook wider: Für die einen werden soziale Netzwerke wie Facebook das Zukunftsmedium schlechthin sein und andere Webseiten überlagern, für andere hingegen wird Facebook ein ähnliches Schicksal erleben wie YouTube oder Skype. Beide Internetfirmen wurden als Goldgruben für Investoren angepriesen, doch die erwünschten Werbeeinnahmen blieben aus. Ob sich mit Facebook Geld verdienen läßt, wird sich also noch zeigen.

 

Facebook: Auch die JF ist dabei

Facebook ist kostenlos und wird es auch immer bleiben, heißt es auf der Begrüßungsseite des Netzwerks. Es soll dazu dienen, mit anderen Menschen in Verbindung zu treten und mit ihnen Inhalte zu teilen.

Davon machen nicht nur Privatpersonen Gebrauch, die dort Nachrichten mit Freunden und Bekannten austauschen, sondern auch prominente Persönlichkeiten oder Organisationen. So haben etwa Angela Merkel, Thilo Sarrazin oder Anne Will Einträge. Firmen wie BASF und die Deutsche Bank oder beispielsweise die Filmreihe „Star Wars“ sind ebenfalls vertreten.

Auch die JUNGE FREIHEIT hat einen eigenen Eintrag, auf dem regelmäßig aktualisierte Nachrichten der Redaktion nachzulesen sind. 

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