© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/10 15. Oktober 2010

Abstand halten
Riskanter Tag der offenen Tür: Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit feierte seinen hundertsten Gründungstag
Robert Backhaus

Ob das ein guter Einfall war? Zur Feier seines hundertjährigen Geburtstags hat das Friedrich-Loeffler-Institut zur Erforschung von Tierseuchen auf der Insel Riems bei Greifswald einen „Tag der offenen Tür“ veranstaltet. Jeder, der wollte, durfte vom Festland auf das sonst hermetisch von der Öffentlichkeit abgeschirmte Eiland übersetzen, um herumzuspazieren und die Stallungen und Laborräume zu besichtigen. Er mußte dazu nur einen Mundschutz anlegen und einen grünen Labormantel überziehen.

Zu sehen gab es nicht viel, aber es war ein prickelndes Wagnis dabei. Denn das Loeffler-Institut ist eines von drei in der Welt existierenden, wo man jene schrecklichen Tier-Infektionen wie Maul- und Klauenseuche, Ebola oder SARS erforscht, deren Viren auch leicht auf Menschen überspringen und dann schlimme Verheerungen anrichten können. Die Institutsleitung hatte jetzt selbstverständlich „alles im Griff“, wie es heißt, aber ein Unbehagen bleibt doch.

Friedrich Loeffler, der das Institut einst gründete, war ein Greifswalder Biologieprofessor, der zunächst auf dem Festland, in der Umgebung seiner Universität, mit Maul- und Klauenseuche-Viren experimentierte. Es kam damals tatsächlich zu Krankheitsfällen in der Greifswalder Bevölkerung, und das Institut wurde schleunigst nach Riems verlegt. Nur die beteiligten Forscher selbst, gelegentlich Fachkollegen und behördliche Kontrolleure hatten fortan Zugang, und so ist es durch die Zeiten geblieben, über Kaiserreich, Weimarer Republik, Drittes Reich  und DDR hinweg.

Das Loeffler-Institut genießt einen erstklassigen Ruf, es ist ein Schmuckstück der deutschen Virenforschung und wurde gerade unter Einsatz von 260 Millionen Euro zum effektivsten Tierseuchenforschungsinstitut der Welt ausgebaut. Da ist es verständlich, wenn man nun ein wenig Öffentlichkeitsarbeit betreiben und zeigen will, daß das Geld gut angelegt ist.

Tage der offenen Tür sind dazu aber gewiß nicht nötig. Nach wie vor gilt für Loeffler-Riems allerhöchste Sicherheitsstufe. Je weniger man es besichtigt, um so besser. Gefährliche Viren gehören nicht zur Eventkultur.

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