© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/10 15. Oktober 2010

Grüße aus London
Gleichstellung auf englisch
Derek Turner

Am 1. Oktober trat auch in Großbritannien ein Gleichstellungsgesetz in Kraft. Daß die neugewählte konservative Regierung unter David Cameron diese Entscheidung ihrer Labour-Vorgänger nicht rückgängig machte, hat durchaus historische Tradition. Der einstige Thatcher-Berater Sir Alfred Sherman sprach in diesem Zusammenhang von einem Ratschen-Effekt, der wie bei einem Schraubwerkzeug bewirke, daß das Land Stück für Stück immer weiter nach links rückt. Das Gesetz soll die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern schließen und die Diskrimierung von Behinderten, Schwulen und Transsexuellen am Arbeitsplatz verbieten. Zudem führt es neue Begriffe ins britische Rechtswesen ein: „indirekte Diskriminierung“ und „Schikanierung von Drittpersonen“.

Das Gesetz ist ein letzter Labour-Sieg mit destruktiven Folgen für David Cameron.

In Zukunft müssen öffentliche Stellen also bei der Vergabe von Aufträgen an Privatunternehmen auch deren betriebsinternen Gleichstellungsmaßnahmen berücksichtigen. Und theoretisch könnte auch ein Arbeitnehmer, der sich diskriminiert fühlt, weil er einen schwulen Verwandten hat, seinen Arbeitgeber verklagen.Damit erhöht sich einerseits der bürokratische Aufwand für kleine und mittlere Unternehmen, zum anderen fördert das neue Gesetz die Prozeßwut der Arbeitnehmer. Die Folgen sind unschwer abzusehen: wechselseitiges Mißtrauen bei zunehmender Unehrlichkeit im Umgang zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Schon als das Gesetz im April 2009 beschlossen wurde, als Gordon Brown noch Premierminister war, regte sich nur schwacher Widerstand in der damaligen Opposition. Insbesondere die Parteiführung hielt sich mit Kritik zurück. Teresa May, in deren Ressort als Innenministerin nun auch die Zuständigkeit für die Gleichstellung fällt, sagte seinerzeit in einer Parlamentsdebatte: „Dieses Gesetz ist schon so lange in Vorbereitung, daß ich bei dieser Debatte sicher nicht als einzige ein Gefühl von déjà-vu habe.“ Allein der Papst äußerte Vorbehalte gegen das Gesetz, das „mit missionarischem Eifer“ bekämpft werden müsse, wie Benedikt XVI. sagte.

Das Gleichstellungsgesetz war einer der letzten Siege der Labour-Regierung, bevor sie aus dem Amt gejagt wurde – aber womöglich wird es zu den destruktivsten zählen. Noch lange nachdem das Haushaltsdefizit auf ein erträgliches Maß geschrumpft ist und die letzten Soldaten Afghanistan verlassen haben, werden wir seine giftigen Früchte ernten.

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