© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/10 08. Oktober 2010

Umwelt
Fehlende Weckrufe
Volker Kempf

Es gibt sie noch, die Umweltthemen, um die gestritten wird. Da ist die Atomindustrie zu nennen, die mit Laufzeitverlängerungen profitabler arbeiten will, aber eine Glaubwürdigkeitskrise hat. Wer meint, wenigstens das Waldsterben sei von gestern, der irrt. Der Wert für deutliche Kronenverlichtungen liegt mit 27 Prozent höher als in den achtziger Jahren. Zur Bedrohung der biologischen Vielfalt ist guter Rat teuer. Deutschland ist da keine Ausnahme – die überfischten Weltmeere sind nur Beispiel dafür. Aber ist das alles so neu?

Es gibt kein Erkenntnisproblem, nur ein Umsetzungsproblem. Das hat Roman Herzog schon 1997 als Bundespräsident in seiner „Berliner Rede“ bemerkt und von einem „Ruck“ gesprochen, der durchs Land gehen müsse. Umweltschützer pflichteten bei, für ihr Thema gelte das nicht minder. Doch Herzog wurde zum Feigenblatt, Horst Köhler suchte das Weite. Und Christian Wulff, geht der in seiner Rolle als Feigenblatt der Nation auf?

„Die Schwellenländer werden dafür sorgen, daß die lebendige

Vielfalt dezimiert wird.“

Es ist derzeit überhaupt nicht die Zeit der großen Weckrufe, auch nicht bei der Umweltthematik. Ein Zustand der Dauererregung ist einfach nicht möglich. Weniger Erregtheit heißt aber nicht, daß sich der Weltzustand gebessert hat. Die Schwellenländer werden dafür sorgen, daß die lebendige Vielfalt weiter dezimiert und Rohstoffe bis zu ihrer Erschöpfung geplündert werden. Dennoch gibt es immer wieder Bücher, deren Autoren die Weltformel gefunden haben wollen. Immer gibt es eine Lösung für die Weltprobleme, wenn man nur dieses oder jenes Rezept beherzige und diese oder jene Modewissenschaft mit Geld segne. Auch das ist allmählich zum Einschlafen.

Dann lieber praktische Alltagsratgeber. Sie sind wenigsten ehrlich, raten zum Machbaren und versprechen sonst nichts. Man muß sich über die kleinen Dinge im Leben freuen, nicht über die großen Heilsversprechungen, die ohnehin nicht aufgehen.

 

Erkenntnis

„Durch Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist der Wirkungsgrad des Dieselmotors seit seiner Erfindung vor 113 Jahren von gut 26 auf heute über 50 Prozent gestiegen.“

Klaus Stahlmann, MAN-Vorstand, über das Zukunftsthema Transport und Energie

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen