© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/10 24. September 2010

Frankreich am Pranger
Brüsseler Heuchelei
von Arnulf Rall

Laut europäischem Recht darf jedes Land mittellose Ausländer, die aus anderen Mitgliedsstaaten stammen, nach einer Einzelfallprüfung abschieben. Verboten ist es nur, dabei ethnische Minderheiten zu diskriminieren. Nun hat Frankreichs Erlaß zur Ausweisung krimineller Zigeuner der geltungssüchtigen EU-Kommissarin Viviane Reding eine Steilvorlage zur Profilierung als politische Korrektheitsbeauftragte geliefert. Redings überzogene Rhetorik („Schande“) und Weltkriegs-analogie waren völlig daneben, zumal die Vertreibungsopfer nach dem Krieg weder kriminelle Einwanderer waren noch – mit Geldprämien versorgt – in bequemen Flugzeugsesseln transportiert wurden.

Obwohl die Kommissarin hinsichtlich ihrer Wortwahl inzwischen zurückruderte, hat sich ein handfester Streit zwischen der EU-Kommission und einem der einflußreichsten Mitgliedsstaaten entwickelt. Für die Volte aus Brüssel dürfte sich der französische Präsident Nicolas Sarkozy noch bitter rächen. Vielleicht ist es an der Zeit, die verlogene Heuchelei gegenüber den Zigeunern vom Balkan zu beenden, deren anhaltenden Zuzug hinter vorgehaltener Hand kein Staat in West- und Mitteleuropa ersehnt. An den Bettlern jedenfalls, die das Berlaymont, die Kommissionszentrale in Brüssel, umlagern, fahren die Luxuskarossen der politisch korrekten Kommissare täglich achtlos vorbei.

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