© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/10 17. September 2010

Von Bauten und Gründungen
Erik Peterson auf der Spur
Stefan Hartmann

Ein vertieftes Verständnis der Kirche steht auf der Tagesordnung der Theologie, besonders im Blick auf die Ökumene. Parallel zur neuen Ausgabe der ekklesiologischen Schriften Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. (2 Bände; Herder Verlag 2010) liegen nun bisher weitgehend unbekannte Studien des in Göttingen, Bonn und Rom wirkenden katholischen Theologen Erik Peterson (1890–1960) zum altchristlichen Kirchenbegriff aus der Zeit vor seiner Konversion (Rom 1930) vor, die anläßlich seines 120. Geburtstages und 50. Todestages in einem Sonderband „Ausgewählte Schriften“ von der Peterson-Spezialistin Barbara Nichtweiß (Mainz) herausgegeben wurden. Nichtweiß veröffentlichte im Würzburger Echter Verlag seit 1994 bislang acht „Ausgewählte Schriften“ des besonders auf die Nachwelt wirkungsmächtigen Theologen.

Peterson, der bis zu seinem Bruch 1935 in engem Austausch mit Carl Schmitt stand, hat die zunächst erwogene Priesterlaufbahn ausgeschlagen, eine Römerin geheiratet und dann an einem päpstlichen Institut als Gelehrter gewirkt. Im neuen Band wird der Ekklesia-Begriff dem der Synagoge und der „Himmelsstadt“ gegenübergestellt, dann auch die Rolle des Kirchenrechts begründet. Die Präzision der Argumentation Petersons sticht hervor. Man nehme nur den Satz im Anschluß an den berühmte Matthäusvers 18 im Kapitel 16 über Petrus („auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“): „Kirche wird gebaut, aber nicht gegründet. Gegründet wird die Stadt“, oder die auf den französischen Theologen Alfred Loisy (1857–1940) zielende Feststellung: „Die Kirche ist weder mit der Stadt Gottes noch mit dem Reich Gottes schlechtweg identisch, aber sie ist doch mit beiden Begriffen innerlichst verbunden.“

Noch einmal abgedruckt ist der grundlegende Aufsatz „Die Kirche“ (1928), der die Rolle der zwölf Apostel und die Sendung zu den Heiden besonders betont, und die Einleitung zum „Buch von den Engeln“ (1935). Nichtweiß und der Siegener Theologe Hans-Ulrich Weidemann kommentieren die Texte ausführlich und kenntnisreich, Karl Kardinal Lehmann steuert unter aktuell ökumenischem Aspekt Gedanken zur Apostolizität der Kirche und zur apostolischen Sukzession bei. Das Buch bezeugt nicht nur Petersons exegetische Intuition und seine Kenntnis des antiken Rechtsdenkens, sondern enthält auch viele Impulse zur Geistunterscheidung in Diskussionen der Gegenwart.

Barbara Nichtweiß (Hrsg.): Erik Peterson. Ekklesia – Studien zum altchristlichen Kirchenbegriff. Ausgewählte Schriften Sonderband. Echter Verlag, Würzburg 2010, broschiert, 221 Seiten, 19,80 Euro

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