© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/10 10. September 2010

ZDF-History: Töten auf tschechisch – Die andere Seite der Vertreibung
„Das mußte jeden Tschechen schocken“
Curd-Torsten Weick

Es geschah am 10. Mai 1945. Zwei Tage nach Kriegsende finden im Prager Außenbezirk Borislavka Massaker an deutschen Zivilisten statt. Eindringliche Szenen. Geprügelte Männer und Frauen, flehend vor den Peinigern Schutz suchend. Drastischer Höhepunkt: die Erschießung von mehreren Dutzend Deutschen. Mit dem Rücken zur Kamera am Straßenrand stehend, fällt einer nach dem anderen. Einige können sich halten, doch sinken auch sie zu Boden und werden von einem Lastkraftwagen überrollt.

55 Jahre später sorgt der Schwarzweißfilm, den Bauingeniuer Jiri Chmelicek damals gedreht und über Jahrzehnte versteckt hatte, für Diskussionen. Die Ausstrahlung des Filmes „Töten auf tschechisch“ des Senders „CT 24“ zur besten Sendezeit am 6. Mai, offenbarte: Auch Tschechen waren Täter (JF 21/10). „Das mußte jeden Tschechen schocken“, resümiert dann auch David Vondracek. Der Regisseur hat das mit einer 8-Millimeter-Kamera gefilmte Material sozusagen wiederentdeckt und der uninformierten tschechischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Vier Monate später zeigt nun die ZDF-Geschichtsreihe „ZDF-History“ Vondraceks Dokumentation  „Töten auf tschechisch – Die andere Seite der Vertreibung“. Ausgestrahlt wird jedoch nicht die vollständige 50minütige Dokumentation, sondern eine auf 25 Minuten gekürzte Fassung. Ergänzt wird der Originalstreifen mit zwei „eigenen, ordnenden Stücken“ die das Geschehen, so das ZDF, in den europäischen und geschichtlichen Kontext stellen sollen.

Während sich das Zweite – etwas verspätet – nun dem schwierigen Thema deutsch-tschechischer Geschichte widmet, hat Regisseur Vondracek schon sein nächstes Werk „Sag mir, wo die Toten sind“ produziert und im tschechischen Fernsehen ausgestrahlt. Ein Film, der die  Suche nach den verschwiegenen Massengräbern in Tschechien thematisiert. Ein Sendetermin in Deutschland steht noch aus.

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