© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/10 10. September 2010

Tito Tettamanti sorgt in der Schweiz für ein konservatives Gegengewicht in den Medien
Der Finanzier
Paul Leonhard

Für Tito Tettamanti gibt es „viele neue originelle und kulturelle Strömungen“, die nicht von links kommen und die in der Medienszene nur selten unverzerrt dargestellt werden. Als der inzwischen 79jährige Finanzier 2001 Die Weltwoche, eines der führenden Nachrichtenmagazine der Schweiz erwarb, war es sein Ziel, die Leser zu überzeugen, „daß eine Zeitung, die weder links noch political correct ist, erfrischend, interessant, modern, manchmal irritierend sein kann und keineswegs dumm sein (muß)“. Tettamanti richtete die Weltwoche mit Hilfe des freiheitlich gesinnten Chefredakteurs Roger Köppel (JF 21/10), der dank zahlreicher Fernsehauftritte inzwischen auch in Deutschland Bekanntheit gewonnen hat, als konservativ geprägte Zeitschrift neu aus.

Nun sorgt Tettamanti erneut für Aufregung, weil man ihm unterstellt, die Fäden beim Austausch der Chefredaktion der Basler Zeitung gezogen und diese mit einem „Rechten“ besetzt zu haben. Überhaupt tut sich die linksliberale Medienszene mit einem schwer, der offen von sich sagt, „überzeugter Kapitalist“ zu sein, weil „der Kapitalismus das beste System ist, um Reichtum zu schaffen“. Tettamanti, dessen Vermögen auf 400 Millionen Euro geschätzt wird, gilt als rechtskonservativer Visionär. Er selbst bezeichnet sich als „Anarchist von rechts“, der gegen die politische Korrektheit und für mehr Streitkultur kämpft.

1930 in Lugano geboren, schnupperte Tettamanti nach dem Studium der Rechtswissenschaften kurz als Mitglied der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) in die Politik. Er gehörte dem Kantonsparlament des Tessin an, wurde 1959 Regierungsrat. Anderthalb Jahre später trat er nach einem Skandal zurück. Seine Karriere setzte der Rechtsanwalt als international tätiger Immobilieninvestor und als Finanzspekulant fort. Alles sei „profitabel und hochinteressant“ gewesen, sagt Tettamanti. Er habe aber auch stets das nötige Quentchen Glück gehabt.

Anfang dieses Jahres erwarb er 75 Prozent der Basler Zeitung Medien (BZM) und damit die linksliberale Basler Zeitung. Um eine Zeitung lesenswert zu machen, hatte Tettamanti einst gesagt, benötige man „jeweils vier provokative, erregende, gut recherchierte Artikel, die Gesprächsstoff in der Zivilgesellschaft, bei den Politikern, den Stammtischen oder im Zug liefern“, eine politische Neuausrichtung sei daher nicht nötig. Chefredakteur und Redaktionsstatut wolle er unangetastet lassen, hieß es. Aber die Redaktion sollte sich an gewisse Spielregeln halten: „Ihr könnt schreiben, was ihr wollt. Aber wenn ihr einen Beitrag des großen linken Historikers Eric Hobsbawm bringt, möchte ich auch etwas über (den Hannoveraner Osteuropahistoriker) Hans-Heinrich Nolte lesen. Und ihr dürft nicht politisch korrekt sein.“ Daran hat man sich nicht gehalten. Und so darf nun an der Spitze der Basler Zeitung ein Neoliberaler, Markus Somm, bisher Köppels Stellvertreter bei der Weltwoche, die inhaltlich-politische Debatte mit der Redaktion führen.

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