© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/10 03. September 2010

UMWELT
Die Grenzen des Bauernhahns
Volker Kempf

Der Nutztierschutzverband „Pro Vieh“ wirbt in seiner Verbandszeitschrift für „Bauernhahn statt Turbohuhn“. Dahinter steht das Problem, daß die enorme Nachfrage nach Hühnerfleisch und Eiern eine Massentierhaltung erfordert, die den Tieren nicht gerecht wird. So werden Hühner gezüchtet, deren Fleisch schneller wächst als das Knochengerüst, das es tragen soll. Legehennen werden massenhaft gebraucht, schlüpfen hingegen kleine Hähne aus den Eiern, werden sie vernichtet. Wie bei Asterix und Obelix gibt es aber kleine Widerstandsnester, die Hähne halten und Hühner züchten, wie das nur Liebhabern möglich ist. Die Bewegung für das Vieh will zum Nachahmen anregen. Allerdings sind der Aktion strukturelle Grenzen gesetzt.

Die zunehmend enge Wohnbebauung auch in ländlichen Regionen setzt der Verbreitung von Hähnen Grenzen. In Asien sieht es noch viel prekärer aus. Mega-Hühnerställe werden geplant, denn das dortige Wirtschaftswachstum steigert die Kaufkraft einer wachsenden Bevölkerung. Fleisch und Eier stehen ganz oben auf der Beliebtheitsskala. 2050 sollen neun Milliarden Menschen die Erde bevölkern. Ernst Bloch hatte die Hoffnung, größere Agrarflächen und mehr Düngemittel würden weiterhin ein lebenswertes Leben ermöglichen. Aber für wen? Und es gibt unerwünschte Nebeneffekte wie die Massentierhaltung. Wo die Besiedlung dichter, die Ansprüche größer werden, da hilft kein Hoffen auf Produktionserweiterungen, da hilft nur, die Bevölkerungszunahme auch in den anspruchsvollen Regionen der Welt zu problematisieren. Wir brauchen nicht nur ein paar Bauernhahnliebhaber, wir brauchen mehr Problembewußtsein über die Ursachen der ganzen Misere, um sie an der Wurzel zu packen.

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