© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/10 30. Juli / 06. August 2010

WIRTSCHAFT
Feigheit vor der Lobby
Jens Jessen

Um das bisher angenommene Elf-Milliarden-Loch der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu stopfen, sollten alle Leistungsanbieter ihr Scherflein durch direkte Sparbeiträge beisteuern: Ärzte und Krankenhäuser, Pharmaindustrie und Apotheker. Die Zusatzhonorare für Hausärzte durch Hausarztverträge mit den Kassen sollen beschnitten werden. In den neuen Verträgen werden sie nur soviel Geld erhalten wie jene Allgemeinärzte, die den Hausarztverträgen nicht beigetreten waren. Gesundheitsminister Philipp Rösler rechnet mit Einsparungen von einer Milliarde. Die Krankenhäuser werden 850 Millionen Euro zur Entlastung der GKV einsparen. Von den Krankenkassen erwartet der FDP-Politiker einen Verwaltungssparbeitrag von 300 Millionen Euro. Auch die Pharmaindustrie soll sich beteiligen. Die Regierung verschont jedoch erstaunlicherweise die Apotheken.

Von der sogenannten Handling-Gebühr in Höhe von 8,10 Euro, die Apotheken von den Krankenkassen für jedes ausgereichte rezeptpflichtige Arzneimittel erhalten, wurde ein Abschlag in Höhe von 1,75 Euro gezahlt. Er sollte jetzt lediglich auf den früheren Betrag von 2,10 Euro erhöht werden. Darauf wird jetzt verzichtet. Und dem Gesundheitssystem fehlen die schon eingeplanten 200 Millionen. Die Apotheken kennen keinen Wettbewerb. Erst wenn der gegeben ist, werden Kosten gespart. Das, so die Monopolkommission, kann erreicht werden, wenn die Zuzahlungen der GKV-Patienten beseitigt und ihnen ein Anreiz zum Besuch einer günstigen Apotheke gegeben wird. Die Patienten sollten sich nicht an den Gesamtkosten des Arzneimittels, sondern an den Kosten der Apothekenleistung beteiligen. Der Apotheker könnte ein eigenständiges Entgelt im Rahmen einer Ober- und Untergrenze erheben.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen