© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/10 30. Juli / 06. August 2010

CDU-Krise
Kommt eine neue Rechtspartei?
Dieter Stein

Das Nachrichtenmagazin Focus sieht eine neue konservative „Bürger-Bewegung“ im Entstehen: „Längst werden die wichtigen nationalen Debatten von rechts angezettelt.“ Eine bürgerliche Apo formiere sich gegen das „erstarrte Parteiensystem“. So könnten sich nach einer aktuellen Meinungsumfrage gar 20 Prozent der Deutschen vorstellen, „eine bürgerlich-konservative Partei rechts von der CDU“ zu wählen.

Tatsächlich stehen die Zeichen günstig: Unter der Vorsitzenden Angela Merkel hat sich der Linkstrend der CDU rasant beschleunigt, konservative Positionen und Köpfe wurden fast vollständig abgeräumt. Es ist ein von dieser Zeitung schon seit Jahren beklagtes gigantisches politisches Vakuum entstanden, in das nach normalen Marktgesetzen eigentlich längst eine neue Formation hätte hineinstoßen müssen.

Laut Focus gibt es in Deutschland in grundlegenden Fragen wie der demographischen Krise, Zuwanderung und Ausländerkriminalität „keine Opposition“ mehr. Währenddessen existierten in allen anderen europäischen Ländern „bürgerlich-konservative, demokratische Rechtsparteien, deren Weltbild und Wählerschaft fernab jener Mitte angesiedelt sind, welche die deutsche Union besetzt“. Warum existiert daneben in Deutschland nur eine Handvoll stigmatisierter Splitterparteien, denen es nicht gelingen will, das Potential zu mobilisieren? Der Focus benennt ein Kernproblem: Weil das „politisch-mediale Establishment keinen Unterschied zwischen Rechten, Rechtsextremen und Neonazis macht“.

Der Ausgang der Hamburger Volksabstimmung, die das Allparteienkonzept einer egalitären Primarschule kippte, wird nun als Indiz einer entstehenden deutschen „Tea Party“-Bewegung gedeutet, einer bürgerlichen Protestbewegung jenseits des von Kartellen beherrschten Parteiensystems, die in eine neue Partei münden könnte.

Skepsis ist aufgrund langjähriger Beobachtung dieses Feldes angezeigt: Es ist bislang stets gelungen, jeden Ansatz in dieser Richtung meist schon im Keim zu ersticken, erfolgreiche Gruppierungen notfalls durch den Einsatz des Verfassungsschutzes und medialer Isolierung zu marginalisieren. Es existiert auch kein in sich gefestigtes, intaktes konservatives Milieu mehr. Im Gegensatz noch zu den sechziger Jahren gibt es weder in der Industrie noch in den Medien oder den Kirchen ein organisiertes Widerlager. Und die CDU hat dabei an vorderster Front mitgewirkt, daß sich solche Milieus auflösen. Sie reiht sich konsequenterweise in einen schizophrenen „Kampf gegen Rechts“ ein, weil sie weiß, daß dies das sicherste Mittel ist, ihr Monopol im bürgerlichen Spektrum zu sichern und entstehende Konkurrenz präventiv zu vereiteln.

Insofern ist der vorparteiliche Protest in Form von Bürgerinitiativen wie in Hamburg vielleicht der beste Weg, mit zäher Geduld ein Feld zu bereiten, auf dem letztlich ein solches Milieu neu entsteht. Je länger dabei der Status als Partei umgangen wird, um so eher die Chance auf einen Erfolg solcher Bestrebungen.

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