© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/10 23. Juli 2010

Meldungen

Stefan Zweig: Autor mit neuen Sternstunden

BERLIN. Im Unterschied zu dem mäßig erfolgreichen, der KPD nahestehenden Arnold Zweig hieß der mit ihm nicht verwandte Auflagen-Millionär Stefan Zweig (1881–1942) treffend der „Erwerbs-Zweig“. Die einträgliche Beliebheit beim Leserpublikum der Zwischenkriegszeit bezahlte der Autor der „Sternstunden der Menschheit“ mit der Geringschätzung seiner literarischen Fähigkeiten beim „gehobenen“ Feuilleton und bei professoralen Kritikern. Nach 1945 ging aber auch die Resonanz in der Leserschaft sukzessive verloren. Erst in den letzten Jahren, nachdem man sich beim S. Fischer Verlag intensiver um Neuauflagen kümmerte und nachdem aus Frankreich, England und Spanien eine bescheidene Zweig-Renaissance zu vermelden ist, scheint auch das Interesse der Literaturwissenschaft an dem „Meister der literarischen Biographie“ zu wachsen. Dem trug eine „Stefan-Zweig-Woche“ Rechnung, die das Berliner „Literaturforum im Brecht-Haus“ zusammen mit der österreichischen Botschaft Mitte Juli ausrichtete. Daß der Eröffnungsvortrag über „Stefan Zweig – Ein Europäer aus Österreich“ die übliche „Weltoffenheits“-Etikette bereithielt, stand zu befürchten, doch darüber hinaus konnte Ulrike Vedder (Humboldt-Universität) mit ihrem „neuen Blick auf Stefan Zweigs Prosa“ durchaus Innovatives bieten und Daniela Striegl (Universität Wien) den Porträtisten von Joseph Fouché und Erasmus von Rotterdam als ideologisch stark ambitionierten Autor präsentieren, der seine „Interventionen“ ins politische Zeitgeschehen in meist recht durchsichtiges historisches Gewand kleidete.  

 

Karelien: Schicksal einer Grenzregion Europas

GÖTTINGEN. Das Geschehen in einer der stillsten Ecken Europas stellt die Redaktion von Kirchliche Zeitgeschichte ins Zentrum ihres ersten Themenheftes des Jahrgangs 2010: Karelien und die „Grenzpolitik“ der lutherischen Kirche Finnlands. Mit einem Dutzend Aufsätzen, die mit einer Revue zur „Ostgrenze Finnlands vor 800 Jahren“ einsetzen und mit der Lage des geteilten Karelien während des Kalten Krieges ausklingen, gerät das Heft zu einem Kaleidoskop der Geschichte Finnlands. Im Mittelpunkt stehen dabei fünf Studien  zum Schicksal Kareliens zwischen 1918 und dem verhängnisvollen Jahr 1940, als in Folge von Stalins „Winterkrieg“ gegen Finnland der größte Teil des eroberten Territoriums von der Sowjetunion annektiert wurde und nach kurzer Befreiung zwischen 1941 und 1944 endgültig an den mächtigen Nachbarn im Osten verlorenging. Da die karelische Kultur eine größere Nähe zur russischen aufgewiesen habe, sei, so Jussi Kämäräinen über den „Überlebenskampf“ der Zivilbevölkerung während des Kriegsbeginns, die Intensität der „Kollaboration“ mit den Sowjets entsprechend hoch gewesen.

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