© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/10 23. Juli 2010

Frisch gepresst

Weltrepublik. Der Publizist Claus Nordbruch ist kein Virtuose der leisen Zwischentöne. Darauf muß sich einstellen, wer eines seiner im Jahrestakt produzierten Bücher erwirbt. Wer freilich die Feder so flott schwingt, dem unterlaufen folglich auch viele Redundanzen. Nicht zu reden davon, daß Nordbruch zum Stammtischlertum neigt, schimpft, zetert, verunglimpft, daß es nicht immer die reine Freude ist. Zudem geht es unter diversen Buchtiteln stets um den einen Feind: die „Neue Weltordnung“, die er auch in seiner jüngsten Veröffentlichung über „Die Weltrepublik“ (Deutschland und die Neue Weltordnung. J. K. Fischer Verlag, Gelnhausen 2010, gebunden, 463 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro) wieder ins Visier nimmt. Das „Weltjudentum“ spielt für ihn eine tragende Rolle in jenem neuerdings unter „Globalisierung“ firmierenden Prozeß, an dessen Ende die historisch über vier Jahrtausende gewachsene Vielfalt der Völker und Kulturen sich in eine universale Konsumentenherde auflöse. Trotz aller Distanzierungsbemühungen, die Nordbruch eingangs unternimmt, kann sich eine solche Argumentation von den Engführungen hergebrachter „Verschwörungstheorien“ kaum freimachen. Aber es bleibt im Sieb doch eine ganz erkleckliche Zahl von Goldkörnern, die sich nicht als pure Polemik abtun lassen. Nur wäre diesem Material mit einem konzisen Essay von 100 Seiten mehr Stoßkraft verliehen worden. Erst recht gilt das für so treffende Bemerkungen wie jene über die Bundesbürger, die ihrem Hausmüll mehr Beachtung schenkten als ihren Kindern, oder über die multikulturelle „Bereicherung“, die um so häufiger beschworen werde, je weniger sie jenseits des Obst- und Gemüsehandels wahrzunehmen ist. Dieser Euphemismus, samt „Weltoffenheit“ und „Toleranz“, zählt ja heute tatsächlich in einer Aufdringlichkeit zur allparteilichen Verdummungsrhetorik, die das senil-montone Geleiere der Honecker&Co. von „Sozialismus“, „Frieden“, „Brudervolk“ bei weitem übertrumpft.

 

Jugend nach 1933. Wie inzwischen viele ihrer Generation hat sich Margot Mahner, Jahrgang 1926, entschlossen, über ihre jugendlichen Erfahrungen in der NS-Zeit Zeugnis abzulegen (33 plus minus. Mein Leben im Dritten Reich. Haag+Herchen, Hanau 2010, broschiert, 227 Seiten, 16 Euro). Im Leben der Pfälzerin aus Ludwigshafen, deren Vater sich aus der Not der Zeit heraus für den nationalen Sozialismus (zunächst) begeistert, glänzt der „totale“ Staat vornehmlich durch Abwesenheit. Die Kontinuität des Privaten bleibt bis in die Kriegszeit gewahrt. Erst durch die alliierten Bombenangriffe auf die Chemie-Hochburg Ludwigshafen und die Pflichten im Reichsarbeitsdienst beginnt sich 1943 diese Existenz mit der der politischen Volksgemeinschaft ein wenig enger zu verknüpfen.

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