© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/10 23. Juli 2010

WIRTSCHAFT
Amerikanisch ausgebremst
Michael Paulwitz

Können US-Bürger Auto fahren? Nach der monatelangen Aufregung um von allein losrasenden Toyotas – dreitausend Fälle mit 93 Todesopfern sollen es gewesen sein – stellt jetzt ausgerechnet das US-Verkehrsministerium fest: In fast allen Fällen waren die Fahrer selbst schuld, weil sie Gas und Bremse verwechselt hätten. Déjà vu, mag man da bei Audi gedacht haben. Den Ingolstädtern ging es vor einem Vierteljahrhundert ganz ähnlich: Einige Jahre, nachdem ihre Baureihe 100 als „Audi 5000“ den US-Markt aufgemischt hatte, löste 1986 ein reißerischer CBS-Bericht eine Massenhysterie um „selbstbeschleunigende“ Todes-Audis aus. Der Freispruch kam erst Jahre später, wie im Fall Toyota von der dem Ministerium unterstellten Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA. Aber da hatte Audi zur Freude der heimischen Platzhirsche schon über 80 Prozent seines Marktanteils eingebüßt.

Es dauerte 15 Jahre, bis sich der Absatz von dem Imageschaden erholte. Auch für Toyota kommt die Teilrehabilitierung durch dieselbe Behörde, die die Japaner zuvor massiv unter Druck gesetzt hatte, reichlich spät: Die Verluste gehen in die Milliarden, der verstaatlichte US-Konzern GM profitiert vom Umsatzeinbruch, Ford überholte Toyota in den Verkaufszahlen, Konzernchef Akio Toyoda mußte persönlich zum Bußgang vor dem US-Kongreß antreten, das Ansehen der Marke ist lädiert. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der Kampf gegen unliebsame ausländische Konkurrenz wird in den USA mit harten Bandagen und politischer Unterstützung gefochten. Airbus kann ein Lied singen von Ausschreibungen, die auf den bevorzugten US-Anbieter maßmanipuliert wurden. Toyota wäre nicht der erste und auch nicht der letzte, der auf einem umkämpften Markt mit einer unfairen Kampagne ausgebremst worden wäre.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen