© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/10 23. Juli 2010

Peter Bofinger ist in allen Medien. Stets mit einem guten Rat – oder seinem Gegenteil
Wünsch dir was!
Michael Paulwitz

Peter Bofinger ist überall. Seit er vor gut sechs Jahren auf Vorschlag der Gewerkschaften zum „Wirtschaftsweisen“ berufen wurde, verkündet der Würzburger Ökonom seine frohe Botschaft per Interview-Dauerfeuer: Der Staat ist „unterfinanziert“ und braucht mehr Geld, Schuldenbremsen und Sparpakete würgen bloß den „Aufschwung“ ab, die Löhne müssen regelmäßig steigen, Staatsausgaben auf Pump sind in Ordnung, wenn dafür „Bildungs“-Programme aufgelegt werden, notfalls müssen eben „die Reichen“ über höhere Einkommensteuer, Vermögens- und Erbschaftssteuer ran.

Schlagzeilen wie aus dem Wünsch-dir-was-Katalog von SPD, Gewerkschaften und Linkspartei sind Bofingers Spezialität. Als sozialdemokratischer Wohlfühl-Ökonom ist der 55jährige Pforzheimer, seit 1992 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Würzburg, zum Medienliebling aufgestiegen. Bofinger punktet als Taschenausgabe des britischen Ökonomen John Maynard Keynes, von dem er den Glauben an die Heilkraft staatlicher Konjunkturprogramme und die Schädlichkeit des Sparens ableitet. Seine griffigen Interview-Sprüche finden sich als Holzschnitt-Versatzstücke im Nahles- und Lafontaine-Sprech, in Gewerkschafterreden und bei vielen anderen, die sonst noch glauben, daß der Staat besser weiß als Privatleute, wie deren Geld auszugeben wäre.

Seit der Finanzkrise ist Bofinger zur Hochform aufgelaufen. Da fällt kaum auf, daß es bei ihm mal Hü und mal Hott geht. Eben noch kritisiert Bofinger die Stabilitätsorientierung von Bundesbank und EZB und lobt die US-Notenbank Fed, dann erkennt er in deren expansiver Geldpolitik eine Ursache der Finanzkrise, um wenig später der EZB zum Fed-Patentrezept „Leitzins Null“ zu raten. Dann wieder ruft er zwecks Stärkung der Binnennachfrage nach Mehrwertsteuersenkungen und Steuergutschriften wie in den USA, um nur ein Jahr später das schwarz-gelbe Steuersenkungsversprechen als Weg in den „Schmalspur-Staat“ zu verteufeln.

In einem Land, in dem der Anteil des Sozialsektors an den Staatsausgaben während der letzten zwei Jahrzehnte von einem Drittel auf über fünfzig Prozent gestiegen ist, klingt so ein Schlagwort reichlich seltsam; erst recht die Behauptung, die hohen Defizite kämen gar nicht vom aufgeblähten Sozialstaat, sondern bloß vom Bankenretten. Sei’s drum, seine Anhänger lieben Bofingers „Wir sind besser, als wir glauben“ und ignorieren seine unbequemen Botschaften – sie hören nur Mindestlohn und nicht, daß der gerade mal das Existenzminimum sichern soll. Wer in Keynes’ Namen zum Konjunkturankurbeln auf Pump bläst, läßt ja auch meist dessen Mahnung weg, daß die Schulden dafür später zurückgezahlt werden sollten.

Keynes könnte „das akademische Idol unserer schlimmsten Irren und Scharlatane werden“, hatte ein Fachkollege schon 1936 gewarnt. Peter Bofinger hat sein großes Vorbild offenbar eingeholt: Vom Jünger ist er zu deren Idol geworden.

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