© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/10 16. Juli 2010

Frisch gepresst

20. Juli 1944. Zum engsten Kreis jener Offiziere, die sich 1943 entschlossen, Hitler zu töten, das NS-Regime zu stürzen und einen Frieden mindestens mit den Westalliierten auszuhandeln, gehörte der Wirtschaftsjurist Cäsar von Hofacker (1896–1944), ein Vetter der Gebrüder Stauffenberg. Wäre das Unternehmen gelungen, hätte Hofacker, in Paris im Stab des Mitverschwörers General Carl-Heinrich von Stülpnagel dienend, als deutscher Botschafter an der Seine eine tragende Rolle bei dem erhofften Arrangement mit den Westmächten spielen können. Da es anders ausging, kann sein damals neunjähriger Sohn Alfred lediglich die schattenhaften Erinnerungen an seinen Vater und die ebenfalls eher flüchtigen Eindrücke an die Monate der „Sippenhaftung“ berichten, der Ilse von Hofacker mit ihren Kindern bis Kriegsende unterlag. Im Mittelpunkt seiner Annäherung an die Biographie seines Vaters Cäsar von Hofacker, die der Sohn vom idealisierenden „Helden“-Nimbus befreien mußte, steht die Frage, warum aus einem „Wegbereiter“ des Nationalsozialismus ein „Verschwörer gegen Hitler“ geworden ist. Alfred von Hofacker zitiert dafür judengegnerische Bekenntnisse seines Vaters aus dessen Zeit als Aktivist im Hochschulring Deutscher Art. Er wirbt auch um Verständnis für den „Idealismus und die Hoffnungen“, die die Generation seines Vaters an den Nationalsozialismus knüpfte. Am Ende steht er jedoch etwas ratlos vor dem „Widerspruch“ zwischen einer sehr weitgehenden NS-Affinität und der Tat am 20. Juli 1944 (Cäsar von Hofacker – ein Wegbereiter für und ein Widerstandskämpfer gegen Hitler, ein Widerspruch? Wallstein Verlag, Göttingen 2010, broschiert, 58 Seiten, 8,90 Euro).

 

Sachsen 1945. Sieht man einmal ab vom östlichen Umland Berlins, das durch den Kampf um die Seelower Höhen militärhistorische Beachtung fand,  zählt Mitteldeutschland zu den „vergessenen Fronten“ des Zweiten Weltkrieges. Daß in Sachsen im März/April 1945 noch ernstzunehmende, mit höchst schmerzhaften Verlusten für die sowjetisch-polnischen wie US-amerikanischen Angreifer verbundene Schlachten geschlagen wurden, ist daher nur Lokalhistorikern geläufig. Eine durch beträchtliche eigene Forschungen aufgewertete Zusammenfassung dieser „heimatkundlichen“ Spurensuche, bereichert um viele Zeitzeugnisse und bislang unveröffentlichte Fotos, legen Wolfgang Fleischer und Roland Schmieder nun vor. Besonders eindrucksvoll, auch dank des von ihnen erschlossenen Bildmaterials der Amerikaner, schildern sie deren Eroberung von Leipzig und das zähe Ringen um Bautzen, das gegen Russen und Polen unerwartet lange gehalten werden konnte (Sachsen 1945. Edition Tyr, Riesa 2010, gebunden, 251 Seiten, Abbildungen, 19,80 Euro).

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