© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/10 16. Juli 2010

Karl-Josef Laumann führt als Nachfolger Jürgen Rüttgers die CDU-Fraktion in NRW
Der schwarze Blaumann
Paul Rosen

Man sieht ihm an, daß der Nadelstreifen erst in einem späteren Abschnitt seines Lebens in den Garderobenschrank kam. Karl-Josef Laumann wirkt immer noch wie der Maschinenschlosser, der früh um sechs Uhr im Blaumann und mit Henkelmann und Stullendose vor dem Tor der Firma Niemeyer in Riesenbeck im nördlichen Münsterland steht und kurz vor Schichtbeginn Papiere von Kolping und Katholischer Arbeitnehmerbewegung verteilt. Und das ist zugleich das eigentliche Problem des 53jährigen, der gerade zum Vorsitzenden der Landtagsfraktion der in Nordrhein-Westfalen in die Opposition verbannten CDU gewählt worden ist. In der heutigen Merkel-CDU wirkt Laumann, dem sogar die FAZ einen „hervorragenden Ruf als kenntnisreicher und prinzipienfester Fachmann für Arbeit und Soziales“ bescheinigt, wie ein Relikt von gestern – wie einer, der aus der großen Flügel-Zeit der Partei übriggeblieben ist.

Der in der abgewählten Regierung Rüttgers als Sozialminister seinen guten Ruf festigende Laumann hat Vorbilder, an denen er seine politische Arbeit orientiert: Das sind sicher der legendäre Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Hans Katzer, und der „Die Renten sind sicher“-Minister Norbert Blüm, der nach Katzer der Chef des linken CDU-Flügels war. Nur, die große Zeit des Arbeitnehmerflügels der Partei ist vorbei.

Mutig und mit dem Hang zum derben Witz, wie er den Westfalen eigen ist, kämpft Laumann für seine Positionen. Es ist klar, daß ihm der Leipziger Parteitag der CDU mit dem Schwenk zum marktradikalen Liberalismus gar nicht gefiel. Laumann, der mit seiner Frau Agnes drei Kinder hat und damit das traditionelle Familienbild vorlebt, setzte sich bereits unmittelbar nach Leipzig für Korrekturen an Programm und Erscheinungsbild der CDU ein. Unvergessen ist die Begründung für seine Forderung, ältere Arbeitslose sollten länger Arbeitslosengeld erhalten. Sie hätten länger eingezahlt und müßten daher mehr Geld erhalten „als ein junger Säufer, der nichts geleistet hat”.

So ist Laumann: klare Worte, gleichzeitig eine ehrliche Haut und jemand, mit dem man sofort in die nächste Eckkneipe ziehen und beim Bier das Gespräch suchen würde. Die Kaste der heutigen Journalisten weiß mit Gestalten wie ihm nichts mehr anzufangen. Da er gegen den bisherigen nordrhein-westfälischen Integrationsminister Armin Laschet – der dem Zeitgeist huldigt wie kein zweiter – die Wahl zum Fraktionsvorsitzenden gewonnen hatte, mußte Laumann in die rechte Ecke. Für die Financial Times Deutschland verkörpert er zwar das soziale Gewissen der CDU, zugleich aber spreche er „konservative Wählerschichten“ an. Andere Medien schickten ihn mit der Bewertung „sozial-konservativ“ ebenfalls nach rechts, wo Laumann aber keinesfalls hingehört. Mit seiner direkten, ehrlichen Art ist Laumann keiner, an dem CDU-Chefin Merkel Gefallen finden könnte. Das ist entweder seine Chance – oder es ist sein Untergang.

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