© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/10 09. Juli 2010

Zeitschriftenkritik: Frankreich erleben
Wo Konservative Urlaub machen
Georg Alois Oblinger

Für alle hiesigen Frankreich-Freunde gibt es jetzt schon im fünften Jahrgang das erste deutschsprachige Frankreich-Magazin. Sechsmal im Jahr berichtet Frankreich erleben über die neuesten Entwicklungen aus unserem Nachbarland, stellt die angesagtesten Bücher, CDs und Filme vor und berichtet über die typisch französische Lebensart. Vor allem aber will das Magazin auf jeweils hundert Seiten für Frankreich werben. In jedem Heft werden in Text und Bild verschiedene französische Landschaften vorgestellt, ebenso sehenswerte Chateaus, Hotels und Restaurants.

In der neuesten Ausgabe (Juli/August) wird die Côte d’Azur auf den Spuren des Schriftstellers, Regisseurs und Malers Jean Cocteau erkundet und Paris vom Linienschiff aus über die Seine. Ebenso finden sich dort ein Porträt des Beckens von Arcachon mit seinen Fischerdörfern und Austernzuchten sowie ein Artikel über Frankreichs schönste Blumendörfer. Weitere Abstecher gehen auf die normannische Insel Tatihou und zu einem Vogelpark ins Rhône-Tal.

Im Gegensatz zu anderen Europäern machen die Franzosen am liebsten Urlaub im eigenen Land. Der Urlaub gilt in Frankreich nicht als Statussymbol. Ein regelrechter Glaubenskrieg herrscht jedoch hinsichtlich der Frage, ob der Juli oder der August die ideale Zeit zum Vereisen ist. Hier stehen die überzeugten Juillettists den Aoûtiens unversöhnlich gegenüber.

Eine weitere interessante Frage, die im aktuellen Heft thematisiert wird, lautet: „Gibt es in Frankreich typische Urlaubsziele für Konservative und typische Destinationen für Sozialisten, Kommunisten und Grüne?“ Tatsächlich gab es lange Zeit gewisse Vorlieben. Die Reichen, die politisch eher konservativ eingestellt waren, fuhren an die Côte d’Azur, nach Nizza oder Cannes, während sich alternativ eingestellte Franzosen mit ihrem Wohnwagen auf den Weg in die Bretagne machten. Traditionell ist die Bretagne auch bei politischen Wahlen immer eine Hochburg der Linken, während die meisten Wähler der politischen Rechten im Süden Frankreichs anzutreffen sind.

Doch kann man tatsächlich von den plages de droite (Stränden der Rechten) und plages de gauche (Strände der Linken) sprechen? Wohl kaum. Viele möchten im Urlaub unter ihresgleichen sein; doch die Bedeutung bestimmter geographischer Lagen für Menschen einer spezifischen politischen Couleur schwindet immer mehr. So verreiste Jean-Marie Le Pen, Chef der Front National, nach La Trinité-sur-Mer an der Atlantikküste, das zuvor als beliebtes Urlaubsziel der Sozialisten galt. Andererseits fuhren sowohl Staatspräsident Nicolas Sarkozy wie auch seine ehemalige sozialistische Herausforderin Ségolène Royal an die Mittelmeerküste, die bislang als Domäne der Konservativen galt. Vielleicht haben alle einfach nur das Credo von Frankreich erleben verinnerlicht: Frankreich ist überall sehenswert!

„Frankreich erleben“ erscheint sechsmal jährlich im Verlag Globus Medien GmbH, Erich-Weinert-Straße 22, 10439 Berlin. Das Einzelheft kostet im Zeitschriftenhandel 4,90 Euro. Der Preis für ein Jahresabonnement beträgt 25,20 Euro. Internet: www.frankreicherleben.de

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