© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/10 09. Juli 2010

Aufgeschnappt
Planschen im Dunkeln
Matthias Bäkermann

Darlaston ist ein typisch englisches Städtchen mitten im industriellen „Black Country“ zwischen Birmingham und Wolverhampton. Allzu schön ist es hier nicht, aber seit über zehn Jahren erweitert immerhin das neue Hallenbad an der Victoria Road das nicht allzu üppige Freizeitangebot. Die großen Südfenster des modernen Zweckbaus geben den Blick frei auf das Grün einer Baumreihe, die im Sommer wenigstens  die Sicht auf die eintönigen schmutzig-roten Fabrikhallen des Autozulieferers Lemforde Ltd. verdeckt. „Als ich nach einer Augen-OP endlich wieder baden gehen konnte, freute ich mich auf den Anblick der wunderschönen Bäume während des Schwimmens“, zitiert das britische Boulevardblatt Sun die Rentnerin Pauline Poole. Doch statt dessen zeigt sich jetzt „die gleiche schreckliche Augentrübung“ wie vor ihrer Operation. Schuld daran ist die Abdunklung aller 250 Fenster des Schwimmbads, die jede Sicht nach außen versperrt.

Beschlossen hat diese Veränderung der örtliche Gemeinderat, da sich vorwiegend muslimische Besucher beschwerten, daß sie durch die Fensterfronten „unsittlichen“ Blicken ausgesetzt seien. „Damit wird unsere Bereitschaft ausgedrückt, auf Anregungen und Sorgen der Besucher einzugehen“, rechtfertigt Stadtratsmitglied Anthony Harris in der Sun den bürgernahen Ratsbeschluß auf Ersuchen der Moslemischen Gemeinschaft. Milchglasfester seien viel zu teuer gewesen, die jetzige Verdunklung habe „immerhin nur ein paar hundert Pfund gekostet“. Der frühere Bauinspektor John Ewart zeigt sich hingegen über die Maßnahme entsetzt: „Die ganze Sache mutet nach völlig verrückter Political Correctness an.“

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