© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/10 02. Juli 2010

Aufgeschnappt
Namen sind Schall und Rauch
Matthias Bäkermann

Wenn die Vertretung von Interessen gesellschaftlicher Mikrogruppen mit der Abschaffung verhaßter bürgerlicher Tradition vereinbar ist, sitzen die Grünen gern in der ersten Reihe. So sind die Transsexuellen – je nach Einschätzung von Prävalenzquotienten auf die Bevölkerung zwischen 3.000 und 30.000 Betroffene in Deutschland –, seit Jahren Gegenstand stundenlanger Debatten über immer neue Gesetzentwürfe, Novellierungen und Klagen um das seit 1980 bestehende Transsexuellengesetz (TSG).

Aktuell geht es in einem neuen TSG-Gesetzentwurf von Grünen-Bundestagsabgeordneten um Volker Beck um die erleichterte Änderung der Vornamen bei Transsexuellen, die derzeit „nicht mehr dem Stand der Wissenschaft“ entspreche und „die Würde und Selbstbestimmung“ dieser Menschen mit Geschlechtsidentitätsstörung beeinträchtige. Demnach soll das Verfahren für die Änderung von Vornamen deutlich vereinfacht werden und „nur vom Geschlechtsempfinden des Antragstellers“ abhängig gemacht werden. Die bisherige Praxis, nach der eine mindestens dreijährige Dauer sowie ein irreversibler Charakter des „Zwangs des Zugehörigkeitsempfindens zum anderen Geschlecht“ bzw. eine operative Geschlechtsumwandlung Bedingung für eine Namensänderung sind, soll obsolet werden. Da die Grünen eine spezielle Diagnostizierbarkeit der Transsexualität explizit verneinen und „lediglich der Antragsteller selbst“ über seine geschlechtliche Identität Auskunft geben könne, stünde das Personenstandsrecht per se auf wackeligen Füßen. Denn ob Andrea oder Andreas, nach Beck und Co. entscheidet darüber im Extremfall bald die Tagesform.

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