© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/10 25. Juni 2010

UMWELT
Ampel-Stopp
Volker Kempf

Es wird zuviel Fett und Zucker gegessen. Das ist ungesund. Eine einfache Ampel-Kennzeichnung (JF 13/10) sollte den EU-Verbrauchern daher auf einen Blick deutlich machen, wovon sie beim Verzehr eines bestimmten Produkts viel oder wenig zu sich nehmen. Dafür hatten sich Ärzteverbände, Patientenorganisationen, Krankenversicherungen und Verbraucherschützer stark gemacht. Bei hohem Zucker- oder Fettgehalt sollte es einen roten, bei einem geringen einen grünen Punkt geben, ansonsten einen gelben. Das leuchtet ein, Umfragen bestätigten dies. Doch das Europaparlament votierte vorige Woche für eine Kennzeichnungsregelung, wie sie die Lebensmittelkonzerne wollen. In Zukunft wird es daher die Guideline Daily Amount-Angabe (GDA) verpflichtend geben.

Dabei wird der Gehalt der Nährwerte durch kleingedruckte Prozentangaben bewertet, die sich auf den Tagesbedarf einer erwachsenen Frau beziehen. Diese Zahlen sind schon heute auf vielen Produkten zu sehen. Die Verbraucherschützer von Foodwatch fragen sich nun, wie die Politik das gesellschaftliche Problem Übergewicht in den Griff bekommen will, wenn sie schon an einer leicht verständlichen Nährwertangabe scheitert. Aber will die Politik das in den Griff bekommen? Was interessiert, sind Wirtschaftswachstumszahlen. Und die Wirtschaft wächst sogar durch Krankheiten mit. Denn davon leben die Pharmazie und der Krankheitsreparaturbetrieb. Der Sinn der EU war es von Anfang an, die Wirtschaft in den Mittelpunkt der politischen Bemühungen zu stellen, nicht Verbraucherschutz oder Volksgesundheit. Insofern ist die EU sich mit ihrer Entscheidung zur Ampelkennzeichnung nur treu geblieben. Ein bürokratisches Monstrum macht seine Arbeit.

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