© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/10 25. Juni 2010

WIRTSCHAFT
Kassen vor der Pleite
Jens Jessen

Die ersten gesetzlichen Krankenkassen stehen vor der Insolvenz. Daß sie seit diesem Jahr pleite gehen können, hat noch die Große Koalition mit ihrer Gesundheitsreform festgeschrieben. Bundesversicherungsamt (BVA) und Bundesgesundheitsministerium haben sich nach Presseberichten auf eine Schließung der City BKK mit rund 200.000 Versicherten (darunter überdurchschnittlich vielen Älteren und chronisch Kranken) wegen Überschuldung zum 1. September geeinigt. Sollte die erst 2004 durch eine Kassenfusion entstandene City BKK geschlossen werden, müßten alle anderen Betriebskrankenkassen die auf etwa 130 Millionen geschätzten Schließungskosten in einer Art „Sippenhaftung“ tragen. Auch die Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln (GBK) mit nur 25.000 Versicherten soll beim BVA eine Schieflage gemeldet haben.

Ist eine Kasse überschuldet, zahlungsunfähig oder von Zahlungsunfähigkeit bedroht, muß ihr Vorstand die Aufsichtsbehörde darüber informieren. Wenn er das nicht tut, riskiert der Vorstand ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung. Nach der Anzeige stellt das BVA Insolvenz­antrag, oder das BVA macht die Kasse zu. Die GKV-Versicherten beschleicht Angst: Was geschieht mit ihnen, wenn die Insolvenz eintritt? Welche Ärzte und Krankenhäuser übernehmen dann noch die Gesundheitsversorgung? Was passiert mit den über die insolvente Kasse abgeschlossenen privaten Zusatzversicherung zu Sonderkonditionen? Das Gesundheitsministerium hat erklärt, daß die Versicherten keinen Nachteil erleiden. Sie können zu anderen Kassen wechseln und werden dort automatisch aufgenommen. Niemand fällt also aus dem Versicherungsschutz heraus, alle Behandlungen werden bezahlt – das beruhigt, der Reformbedarf bleibt aber bestehen.

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