© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/10 28. Mai 2010

Mit erhöhter Temperatur
F. G. Jünger im Reprint
Karlheinz Weissmann

Als Ernst Jünger von den jungen Männern sprach, die nach der Rückkehr aus dem Krieg  an „Temperaturerhöhung“ litten, „weil in ihnen der grüne Eiter des Ekels frißt, in den Seelen von Grandezza, deren Träger wir gleich Kranken zwischen der Ordnung der Futtertröge einherschleichen sehen“, da hatte er wohl auch seinen Bruder Friedrich Georg vor Augen. Jedenfalls kann man dessen Buch „Der Aufmarsch des Nationalismus“ wohl als Ausdruck einer solchen „Temperaturerhöhung“ betrachten, eine fiebrige Kampfschrift des Nationalrevolutionärs, der ohne Zögern die verachtete bürgerliche Ordnung in die Luft sprengen wollte, um Deutschland zu befreien und zu stärken für die bevorstehenden Schlachten und Revolutionen.

Das Buch erschien zuerst 1926 in der von Ernst Jünger herausgegebenen Reihe der Aufmarsch-Schriften und entstand damit in jener kurzen Phase, in der die Brüder eine entscheidende Rolle spielten für die Zirkel der heimatlosen Rechten der Weimarer Republik. Nach Erscheinen von zwei kleinen Auflagen wurde es niemals neu gedruckt, auch nicht unter die Werke Friedrich Georg Jüngers aufgenommen und gilt bei Sammlern von Büchern der Konservativen Revolution als Rarissimum.

Wenn der Berg-Verlag es jetzt in seine Reprint-Reihe aufnimmt, ist es nach langer Zeit wieder verfügbar und kann der Interessierte zumindest auf ein Lese- und Arbeitsexemplar zurückgreifen. Es handelt sich allerdings in erster Linie um ein historisches Dokument. Ein für die Gegenwart brauchbares Programm wird man aus dem Text nicht destillieren, daran war man im Umfeld des „neuen“ oder „soldatischen Nationalismus“ der zwanziger Jahre sowieso kaum interessiert. Es ging immer zuerst um Geste, Symbol, Stil, Literatur. Das „imperium germanicum“, das im Schlußkapitel des „Aufmarschs“ als „Ziel“ festgesetzt wird, war eher ein metaphysisches als ein irdisches Reich, zu dem nicht der, sondern das Deutsche berufen sein sollte. Daher das Hochfahrende des Tons, die expressive Hemmungslosigkeit als Attribut einer Zeit, die heute manchmal so weit entfernt ist, daß man Archäologie treiben muß, um sich ein deutlicheres Bild zu verschaffen.

Friedrich Georg Jünger: Der Aufmarsch des Nationalismus. Quellentexte zur Konservativen Revolution. Uwe Berg Verlag, Toppenstedt 2010, 100 Seiten, gebunden, 15 Euro

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