© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/10 28. Mai 2010

Kolumne
Die Angst der Antifa
Rolf Stolz

Jeder kennt diese kleinen Hunde, die vor lauter Angst die laute Flucht nach vorn antreten und sich mit Gebell auf viel stärkere Gegner stürzen. So lächerlich diese Wadenbeißer sind, sie sind alles andere als ungefährlich. Dieses Urphänomen ist auch aus dem täglichen Leben wie aus der großen Politik vertraut. Nach Stalingrad wurde das Dritte Reich von Tag zu Tag schwächer und zugleich mörderischer. Pol Pots Rote Khmer, eine sektenhafte Minderheit in einem kleinen, von großen Mächten umringten Land, waren nicht aus militärischer und politischer Stärke so grausam, sondern aus dem blanken Gegenteil.

Und unsere angeblichen Antifaschisten? Sie tun sehr groß, zweifelsohne. Ungare Kinder machen auf furchtbar erwachsen und leben in volksgemeinschaftsstiftenden Jagden auf angebliche Volksfeinde nach dem Muster der dreißiger Jahre ihre pubertären Aggressionen aus. 

Identitätsdefizite kompensieren sie durch wahnhafte Machtphantasien. Zwar haben sie die herrschende Minderheit und die herrschende Meinung auf ihrer Seite und bekommen Beifall von denen, die sie als Sturmabteilung nutzen – doch gleichzeitig merken sie, wie verdächtig und verhaßt sie den meisten Menschen sind.

Sie wissen nur allzu genau, wie nahe Nazismus und Stalinismus einander in ihren Feindbildern und Methoden sind: Christenverfolgung (bei Duldung und Hätschelung der opportunistischen Verräter), Antisemitismus, Demokratenhatz, totaler Staat des Großen Bruders – in all dem kopierten sich die Diktaturen und suchten sich gegenseitig zu übertreffen.

Auch die antideutschen Antifanten ahnen, daß sie niemals auf demokratischem Wege eine Mehrheit gewinnen können, daß sie nur wie einst die DDR-Bonzen gestützt auf fremde Bajonette ihre Diktatur errichten und erhalten könnten. Ihre Situation ist ausweglos: Die einen verteidigen den Status quo (also die deutsche und EU-europäische Misere), die anderen preisen die herrlichen Freuden des Staatssozialismus. Ob liberalistische Pest oder  stalinistische Cholera, ob herzlose Besserverdiener-Politik oder hirnlose SPD-PDS-Versprechungen, ob Globalismus oder Neo-Sowjetismus: Das eine ist so perspektivlos, zukunftslos und grauenhaft wie das andere. Ob der rechtsextreme oder der linksextreme Bodensatz, ob halb fanatisch oder ganz durchgeknallt, ob „Heil Hitler“-Schreier oder „Heil Stalin“-Flüsterer: Geheilt werden müssen sie alle.

 

Rolf Stolz war Mitbegründer der Grünen und lebt heute als Publizist in Köln.

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