© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/10 21. Mai 2010

Kolumne
Stunde der Besinnung
Klaus Hornung

Der Euro und Europa stecken in der tiefsten Krise seit ihrem Start. Wieder einmal wird deutlich: Demokratien sind in der Perspektive des Tages und des Marktes befangen, sie können nicht politisch langfristig denken und handeln. Länder wie Griechenland hätten aus ökonomischer und politischer Vernunft niemals in die Euro-Gemeinschaft aufgenommen werden dürfen.

Die Währungsunion wurde dadurch von Anfang an eine Haftungs- und Transfergemeinschaft. Kein Wunder, daß Brüssel keine „soziale Marktwirtschaft“, sondern vor allem eine kostspielige Wohlfahrtspolitik betrieb: eine Politik der Alimentierung der instabilen durch die relativ stabilen Mitgliedsländer. Nun erleben die Griechen und alle anderen die Wahrheit des Satzes „Der Staat des Tischlein deck dich wird allzu leicht zum Staat des Knüppel aus dem Sack“, den einst Bundespräsident Heinrich Lübke formulierte. Alle lebten offensichtlich schon seit Jahren nach dem Motto „Nach uns die Sintflut“, und niemand merkte und sagte etwas. So erhielten die griechischen Staatsbediensteten 13. und 14. Monatsgehälter, Renten mit 50, all jene Wohltaten, die den Deutschen schon lange gestrichen wurden.

Nicht nur die Banken und Kreditinstitute des Westens gerieten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion außer Rand und Band. Der Kapitalismus offenbarte sein häßliches Gesicht. Die USA und ebenso die EU betrieben eine Politik des billigen Geldes, mit der sie die Massen ruhigzustellen versuchten. Die Globalisierung tat das Ihre, die Marktwirtschaft zu deformieren und die Staatsquote des Wohltatenstaates nach oben schnellen zu lassen.

Allenthalben etablierte sich ein halbsozialistisches System der Einkommens-Umverteilung. Ein solches Europa konnte keine ernstzunehmende weltpolitische Größe werden, sondern eben ein Raum, in dem die Menschen orientierungslos „in die Sonne blinzeln“ (Friedrich Nietzsche).

Dieses Wohltaten-Europa ist es, das nun nach seiner Orgie der Staatsverschuldung am Abgrund steht. Höchste Zweifel sind angebracht, ob seine heutigen Funktionseliten die Krise zu meistern vermögen. Vergebens sucht man nach einer Margaret Thatcher, die den Stall auszumisten verstünde. Die aktuelle Schuldenkrise läßt die moralische und politische Krise Europas zutage treten. Es ist die Stunde der Besinnung auf konservative Tugenden des Maßhaltens, der Selbstdisziplin, der Sparsamkeit, des Fleißes und der Ordnung, um Europa zu retten.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaft an der Universität Hohenheim.

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