© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

DVD: Mona Lisa
Irritierend
Werner Olles

London, Mitte der 1980er Jahre. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis bemüht sich der kleine Gauner George (Bob Hoskins) um eine geregelte Arbeit. Aber nur sein früherer Chef Mortwell (Michael Caine), ein Nachtclubbesitzer, der in der Londoner Unterwelt eine große Nummer ist, bietet ihm einen Job als Chauffeur an. Zu Georges Aufgaben gehört die Belieferung diverser Sexshops und einschlägiger Clubs mit Pornofilmen, vor allem jedoch muß er die schöne dunkelhäutige Nobelprostituierte Simone (Cathy Tyson) zu ihren betuchten Freiern ins Londoner Westend fahren und sie gleichzeitig vor allzu aufdringlichen Kunden beschützen. Sehr schnell verliebt er sich in Simone. Als sie ihn bittet, auf dem Straßenstrich und in den billigen Absteigen nach ihrer verschwundenen Freundin zu suchen, sagt er sofort zu. Über den Zuhälter Anderson, einen Freund Mortwells, findet George das junge Mädchen tatsächlich schon bald und kann sie gerade noch aus den Klauen eines Freiers retten, der sie mit Heroin gefügig machen will. Verfolgt von Mortwell, Anderson und ihren Killern fliehen George, Simone und ihre Freundin nach Brighton, wo sich die Lage zuspitzt …

„Mona Lisa“, 1986 von Neil Jordan („Interview mit einem Vampir“) geschrieben und gedreht, ist eine ebenso schnörkellose wie kunstvoll arrangierte und in verführerisch schöne Bilder getauchte Mischung aus Liebesgeschichte, Thriller und psychologischer Studie. In ästhetisierenden Momenten gelingt es dem Regisseur, eine rücksichtslose Verbrecherwelt zu zeigen, in der die Wünsche und Hoffnungen eines kleinen Gauners keine Verwirklichung finden können. Bob Hoskins spielt diesen George mit schier unglaublicher Intensität. Als sein Gegenpart brilliert Michael Caine als Gangsterchef mit Blicken, Gesten und einer kalten Abgebrühtheit, die Zweifel an seinen finsteren Absichten gar nicht erst aufkommen lassen. Und Cathy Tyson, deren zartes, durchsichtiges Gesicht mit gleicher Reglosigkeit mondäne Hure und liebevolle Freundin ausdrücken kann, wird als Simone mit jedem ihrer Blicke noch geheimnisvoller und begehrenswerter.

Zweifellos gehört „Mona Lisa“ zu Neil Jordans irritierendsten Filmen, weil er sich von allen gewohnten Mustern abwendet. In immer wieder atemlosen Umlaufbahnen und nicht weniger eindrücklichen Bildern kreisen die verschiedenen Elemente aus Thriller und Liebesgeschichte um jenen Fixpunkt, in dem sich schließlich in einem Strudel aus Gewalt, Leidenschaft, Blut und Tod alles auflöst.

Foto: DVD: Mona Lisa. Spirit Media/Koch Media 2010, Laufzeit etwa 99 Minuten

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