© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

Meldungen

Dokumentation „Töten auf tschechische Art“

PRAG. Das tschechische Fernsehen (Česká Televize/ČT) hat am 6. Mai mit der Ausstrahlung eines bislang unbekannten Amateurfilms über ein Massaker an Deutschen für lebhafte Diskussionen gesorgt. Zur besten Sendezeit um 20 Uhr lief unter dem programmatischen Titel „Zabíjení po Česku“ („Töten auf tschechische Art“) eine einstündige historische Dokumentation des tschechischen Fernsehjournalisten David Vondráček über jene Massenmorde, die ab Mai 1945 von Tschechen an deutschen Zivilisten verübt wurden. Ein aufsehenerregendes, bislang unbekanntes Dokument über diese Verbrechen stammt von dem tschechischen Hobbyfilmer Jiří Chmelíček, der am 10. Mai mit seiner Kamera ein Massaker im Prager Stadtteil Bořislavka gefilmt hat. Zu sehen ist eine Reihe von Dutzenden Männern in Zivilkleidung am Straßenrand. Sie stehen mit dem Rücken zur Kamera und fallen von Schüssen getroffen in den Straßengraben. „Es gibt eigentlich keine Aufnahmen, die – quasi wie in einer Live-Übertragung – das Töten von Zivilisten zeigen. Aber hier ist es dem Amateurfilmer Chmelíček zufällig gelungen, diese Exekution festzuhalten“, erklärte Vondráček im Radio Prag. „Nach Ansicht von Historikern schießen hier tschechische Revolutionsgarden und selbsternannte Hurra-Partisanen. Und dann überrollt ein sowjetischer Soldat – wahrscheinlich in sadistischer Lust – mit einem Lkw die zum Teil noch lebenden Menschen“, erläuterte Vondráček, der schon vor der Sendung im ČT2 scharf angefeindet wurde. „Sicher wird ein Teil der tschechischen Öffentlichkeit diese Tatsachen nicht wahrhaben wollen. Ich meine, diese Phase der Selbstreflexion über die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg steht erst an ihrem Anfang.“ Filmausschnitte im Internet: www.ct24.cz/domaci/89000-zabijeni-po-cesku-drasticke-zabery-vrazdeni-nemeckych-civilistu/

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen