© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

Fernab der Fünf-Prozent-Hürde
Landtagswahl II: Die Parteien rechts von der Union haben ihre Ziele deutlich verfehlt, einzig Pro NRW konnte einige Achtungserfolge erzielen
Felix Krautkrämer

Das Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen hat viel Raum für Spekulationen gelassen: sei es über die Verantwortung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) oder den Anteil, den die schwarz-gelbe Bundesregierung an Wahlausgang trägt. Doch so viele Fragen das Ergebnis auch aufgeworfen hat – vor allem in bezug auf die künftige Landesregierung –, in einem Punkt trafen die Wähler doch eine eindeutige Entscheidung: Die Parteien rechts der CDU blieben wieder einmal ohne Chance. Auch der aussichtsreichste Kandidat unter der Rechtsparteien, die Bürgerbewegung Pro NRW, verpaßte mit 1,4 Prozent deutlich den Einzug in den Düsseldorfer Landtag. Und das, obwohl sich die Partei über mangelnde mediale Aufmerksamkeit nicht beklagen konnte und mit annährend 500.000 Euro auch über ein beachtliches Wahlkampfbudget verfügte. Doch in dem bevölkerungsreichsten Bundesland reicht selbst das offenbar nicht aus.

Aber auch wenn das Abschneiden von Pro NRW weit hinter den selbstgesteckten Zielen blieb, konnte die Bürgerbewegung doch einige Achtungserfolge erzielen. Im Wahlkreis Duisburg IV beispielsweise kratzte die Partei mit 4,6 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Und auch in den beiden Gelsenkirchener Wahlkreisen kam die Pro-Bewegung auf immerhin 4,1 beziehungsweise 4,3 Prozent. Dabei hatten Beobachter der Partei gerade im Ruhrgebiet eher geringe Chancen ausgerechnet, weil sich diese bislang vor allem auf Köln konzentriert hatte. Seit 2004 sitzt Pro Köln in Fraktionsstärke im Rat der Stadt. Doch genau dort fuhr Pro NRW ein für ihre Verhältnisse eher enttäuschendes Ergebnis ein. In den sieben Kölner Wahlkreisen lag die Bürgerbewegung zwischen 1,2 und 3,4 Prozent und blieb damit hinter ihrem Ergebnis der Kommunalwahl (4,5 Prozent) vom vergangenen Jahr zurück.

Den Makel gestand auch Parteichef Markus Beisicht ein. Köln sei nicht ganz so gelaufen, wie man es sich erwartet habe, sagte der Pro-Politiker gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Offenbar hätten die Wähler Probleme mit dem „Wechsel der Marke von ‘Pro Köln’ zu ‘Pro NRW’ gehabt, glaubt Beisicht. Dennoch habe die Partei bewiesen, daß sie keine Eintagsfliege sei. Nun werde man sich an den Ausbau der Strukturen machen, bestehende Lücken versuchen zu schließen und „Leuchttürme“ weiter zu festigen. Hilfreich dürfte dabei das Erreichen der Wahlkampfkostenerstattung sein. Der Partei winken nun erhebliche finanzielle Zuwendungen.

Am meisten dürfte Beisicht jedoch freuen, daß Pro NRW den Vergleich mit der direkten Konkurrenz für sich entscheiden konnte. Mit 1,4 Prozent war seine Partei doppelt so stark wie die NPD (0,7 Prozent) und erhielt mehr als viermal so viele Stimmen wie die Republikaner (0,3 Prozent). Damit, so Pro-NRW-Generalsekretär Markus Wiener, sei man stärker geworden als „alle verbrauchten, alten Rechtsparteien zusammen“. Die Republikaner hätten sich mit ihrem Ergebnis „ins politische Nirvana“ katapultiert, und auch die „neonationalsozialistische NPD“ werde sich weiter als das demaskieren, was sie in Wirklichkeit sei: „eine ferngesteuerte Partei von Ewiggestrigen“, die politisch keine Relevanz mehr habe. An der Pro Bewegung führe jedenfalls in Zukunft kein Weg mehr vorbei, prophezeite Wiener.

Zurückhaltender gab man sich dagegen bei den Republikanern: Das Ergebnis sei „niederschmetternd“, „ein Desaster“, sagte die Landesvorsitzende Uschi Winkelsett gegenüber der JF. „Wir haben unsere Ziele nicht erreicht.“ Ganz überrascht sei sie von dem Abschneiden allerdings nicht gewesen. „Ich habe gespürt, daß die Luft raus war“, zeigte sich die Spitzenkandidatin der Republikaner enttäuscht. Ob sie angesichts des Ergebnisses auf dem Landesparteitag im Herbst nochmals für den Vorsitz kandidieren wolle, ließ die vierfache Mutter offen. „Man fragt sich mittlerweile wirklich, wofür?“ Rechts sei offenbar einfach „out“, so Winkelsett. Und auch mit dem Thema Anti-Islam sei keine Wahl zu gewinnen, auch wenn Pro NRW das gerne glaube.

Die Republikaner hätten bei der Landtagswahl 1990 in Nordrhein-Westfalen ebenfalls 1,8 Prozent erzielt. Doch damals sei man im Europaparlament und nahezu allen kommunalen Parlamenten vertreten gewesen und habe ein Wahlkampfbudget von zwei Millionen D-Mark gehabt. „Und dennoch hat es am Ende nur zu 1,8 Prozent gereicht.“ Mehr, so Winkelsett, sei in dem Bundesland offenbar nicht drin.

Die Ergebnisse der übrigen Parteien scheinen sie in dieser Annahme zu bestätigen. Die Zentrumspartei, die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) sowie die Partei Arbeit Familie Umwelt (AUF) kamen alle nicht über die 0,1-Prozentmarke hinaus. Die Familienpartei erzielte 0,4 Prozent, und selbst die in den Medien  vielfach als Überraschungskandidat gehandelte Piratenpartei blieb mit 1,5 Prozent weit hinter den eigenen Erwartungen zurück.

Foto: Pro-NRW-Chef Markus Beisicht: Lücken schließen

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