© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

Reinhard Bonnke. Der umstrittene Erweckungsprediger missioniert derzeit in Deutschland
Gottes Mähdrescher
Christian Vollradt

Wer über Reinhard Bonnke schreibt, kommt um dessen Spitznamen „Mähdrescher Gottes“ nicht herum. Die Anhänger des Erweckungspredigers, der gerade durch Europa tourt und derzeit in Deutschland auftritt, haben ihm diesen verliehen, weil er seine Zuhörermassen erfaßt wie diese Erntemaschine mit ihrem Schneidwerk die Ähren.

Der gebürtige Ostpreuße (www.bonnke.net) füllt Stadien, seine Bücher werden millionenfach aufgelegt. Seit er vor 22 Jahren das heute in Frankfurt am Main beheimatete evangelikale Missionswerk „Christus für alle Nationen“ (www.cfan.org) ins Leben gerufen hat, sollen rund 120 Millionen Besucher an den Veranstaltungen teilgenommen haben. 1984 ließ er gar das mit 34.000 Sitzplätzen größte transportable Zelt der Welt aufschlagen und sicherte sich damit einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.

Geprägt ist Bonnke von der Pfingstbewegung, wo es vor allem auf die „Geistesgaben“ der Gläubigen ankommt, Frömmigkeit sich spontan äußert und die „Erfahrung“ Vorrang vor der Lehre hat. Im Alter von 19 Jahren, nach einer kaufmännischen Lehre und dem Besuch einer walisischen Bibelschule, begann der 1940 in Königsberg Geborene mit dem Verkündigen, zunächst als einfacher Straßenprediger, die Gitarre im Anschlag. Vor allem auf dem schwarzen Kontinent fliegen ihm die Herzen zu, seit 35 Jahren liegt sein Arbeitsschwerpunkt in Afrika. Hier kommt seine denkbar einfache Botschaft an: Wer den Weg der Sünde verläßt, dem wird es gutgehen. Ganze Verbrechersyndikate sollen durch Bonnke zur Umkehr bewegt worden sein.

Sein Markenzeichen sind spektakuläre Heilungen durch Handauflegen; beweisbar sind sie sowenig wie die Vorwürfe seiner Widersacher, er sei ein Scharlatan, die „Blinden“ und „Gelähmten“ bloß vorgetäuscht. „So etwas ist tabu, absolut tabu“, entgegnete der Gescholtene gegenüber dem evangelischen Nachrichtenmagazin Idea Spektrum. Kritik an seinen Methoden muß sich Bonnke indes nicht nur vom liberalen Protestantismus mit seinen Weltanschauungsbeauftragten (einer Art kirchlicher „Verfassungsschutz“) gefallen lassen. Auch evangelikale Christen verweisen darauf, daß Jesus selbst es stets ablehnte, Wunder zu wirken, wenn es nur dem Zweck der Sensation gedient hätte.

Mit seiner Einschätzung, Deutschland brauche „einige zusätzliche dynamische Verkündiger“, hat der mittlerweile in Florida beheimatete Prediger zweifellos recht; ein Blick in unsere leeren Kirchen belegt dies. Aber steht bei den „Massenevangelisationen“ wirklich die frohe Botschaft im Vordergrund oder eher der fröhliche Botschafter?

Mähdrescher können nicht nur das Getreide ernten, sondern dank raffinierter Technik auch die Spreu vom Weizen trennen. Übertragen auf das Seelenheil ist dies jedoch nach biblischer Lehre allein Christus vorbehalten. Wer ihm dienen will, sollte sich für sein Tun bescheidenere Vergleiche zulegen, will er dem Verdacht entgehen, er dresche bloß leeres Stroh.

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