© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/10 07. Mai 2010

Frisch gepresst

Sorben. Martin Walde ist promovierter Ethnologe und arbeitet im Sorbischen Institut in Bautzen. Gleichzeitig ist er Mitglied im Präsidium der Domowina, der Interessenvertretung des slawischen Volkes, das als Minderheit in Sachsen und Brandenburg lebt. Naturgemäß ist er somit Partei, wenn er die Schwierigkeiten seiner Sorben beschreibt, die in früheren Zeiten – besonders in der NS-Zeit – einem starken Germanisierungsdruck ausgesetzt waren, wie Walde nachdrücklich betont. Trotz aller Maßgaben des Minderheitenschutzes, die die Sorben zu DDR-Zeiten und verstärkt nach 1990 genossen, beklagt er eine immer noch latente Diskriminierung. Diese führte sogar soweit, daß viele Sorben in der gesellschaftlichen Beziehung zur deutschen Mehrheit sich selbst ihrer Sprache und Kultur – „ausgehend von einem sozialpsychologischen Ansatz“ – entledigten, so daß heute höchstens 30.000 die Sprache ihres Volkes beherrschen (Wie man seine Sprache hassen lernt. Sozialpsychologische Überlegungen zum deutsch-sorbischen Konfliktverhältnis. Domowina Verlag, Bautzen 2010, broschiert, 182 Seiten, 19,90 Euro). Da Walde in seiner Analyse aber zu sehr auf dieses „Konfliktverhältnis“ fixiert ist und andere Faktoren wie die erhöhte Mobilität und daraus folgend die Abwanderung junger Sorben aus dem heutigen wirtschaftlichen Rückstandsgebiet konsequent ignoriert, wirkt diese zu monokausal und larmoyant.

 

Weltverschwörer. „Was Sie eigentlich nie erfahren sollten“, ziemlich vollmundig kommt Helmut Reinalters schmale Monographie zum exquisiten Thema Verschwörungstheorien daher (Die Weltverschwörer. Ecowin Verlag, Salzburg 2010, gebunden, 184 Seiten, 19,95 Euro). Und offenbar konnte die Marketing-Abteilung nicht an sich halten: „Spannend“ und „Heimlich, heimlicher, unheimlich“, haut man auf dem Schutzumschlag auf den Putz. Dabei bemüht sich der Autor um das Gegenteil: Nüchtern stellt er die Geschichte der Verschwörungstheorien (aus österreichischer Sicht) dar, ohne sich selbst in solchen zu ergehen. Alle, die sich erschöpfend mit dem Thema befassen möchten, werden allerdings enttäuscht: Auf 145 Textseiten kann nur ein grober Überblick gegeben werden. Allen, die ins Thema einsteigen wollen, sei das Bändchen aber unbedingt empfohlen, als Basislektüre  ideal. Freilich, Autor Reinalter ist offenbar ein Mann der alten Schule, denn er referiert Strukturelemente, Geschichte und Typologie lediglich der klassischen Verschwörungstheorien, etwa Illuminaten, Jüdische Logen, Sozialisten und Antisemiten. Wer sich aber für zeitgenössische Varianten wie 11. September, Mondlandung oder die Bilderberger interessiert, geht leer aus. Des Rätsels Lösung: Reinalter ist selbst Leiter der Freimaurer-Akademie der Großloge von Österreich. Was manchem zu Spekulationen Anlaß geben mag.

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