© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/10 30. April 2010

Eric Zemmour. Der konservative Freigeist ist in Frankreich so umstritten wie populär
Der letzte Gaullist
Alain de Benoist

Der politischen Korrektheit zum Trotz gibt es genügend Nonkonforme in Frankreich – der wohl profilierteste unter ihnen ist Eric Zemmour. Bis vor wenigen Jahren war er noch kaum jemandem ein Begriff, heute kennt ihn jeder dank seiner regelmäßigen Auftritte in populären Fernsehsendungen wie Laurent Ruquiers Talkshow „On n’est pas couché“, die jeden Samstagabend um elf auf dem größten öffentlich-rechtlichen Sender France 2 ausgestrahlt wird. Im Radio ist er sogar jeden Morgen in seiner eigenen Sendung „Z comme Zemmour“ mit bissigen Kommentaren zum tagesaktuellen Geschehen zu hören.

Zemmour ist ein Freigeist. Seine Wortwechsel mit den Wichtigtuern aus Politik und Gesellschaft enden zumeist in offener Konfrontation. Er scheut sich nicht, heiße Eisen und heikle Themen anzupacken, und handelt sich damit nicht selten Ärger oder gar Drohungen ein – so etwa mit seiner Aussage vom 6. März, Franzosen mit Migrationshintergrund würden zu Recht „stärker von der Polizei überwacht, denn die Mehrzahl der Drogenhändler sind Schwarze oder Araber“. Der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten. Aufgrund der zahlreichen Beschwerden erwägt der Figaro, wo er seit 1995 als Kolumnist tätig ist, sogar seinen Rausschmiß. In den Medien wird er stets mit den Worten zitiert: „Alle Drogenhändler sind Schwarze oder Araber“, was er so nie gesagt hat. Was er statt dessen gesagt hat, war nur die Wahrheit: Zwar sind die meisten Einwanderer keine Kriminellen, doch die allermeisten Kriminellen (70 bis 80 Prozent) sind ausländischer Abstammung.

Zemmour kam 1958 in einem Pariser Vorort zur Welt. Seine Familie ist jüdisch und stammt aus Algerien (zemmour bezeichnet im Berberischen den Olivenbaum). Nach Monographien über Edouard Balladur und Jacques Chirac erlangte er 2006 mit dem Werk „Le Premier Sexe“ (eine Anspielung auf Simone de Beauvoirs feministischen Klassiker „Le Deuxième Sexe“, dt. „Das andere Geschlecht“, von 1949) schlagartig Berühmtheit. Darin kritisierte er die Verleugnung und Unterdrückung der Geschlechtsunterschiede sowie die schleichende gesellschaftliche Feminisierung. Zwei Jahre später folgte der Roman „Petit Frère“, in dem Zemmour Kommunitarismus und „antirassistisches Wunschdenken“ aufs Korn nahm. Zuletzt erschien aus seiner Feder unter dem Titel „Mélancolie Française“ ein essayistischer Streifzug durch die französische Geschichte. Von Waterloo, so sein Verdikt, habe sich das Land nie mehr erholt!

Seine politische Haltung definiert der Querdenker als gaullistisch und „bonapartistisch“, dezidiert antiliberal in Wirtschafts- und konservativ in gesellschaftspolitischen Fragen. Die Menschenrechtsideologie lehnt er ab und hält den heutigen Antirassismus für mindestens so intolerant wie einst der Kommunismus. Um dem „demographischen Tsunami“ der Einwanderung Herr zu werden, fordert er eine konsequente Assimilierung. Daß Zemmour sich so schnell den Mund verbieten läßt, dürfte jedenfalls kaum zu befürchten stehen.

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