© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/10 23. April 2010

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Steuerquellen
Karl Heinzen

Die SPD unterstellt der Bundesregierung, die Autofahrer auf deutschen Straßen alsbald mit einer Pkw-Maut belasten zu wollen. Bereits nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, so behauptet der sozialdemokratische Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer, werde zunächst eine Vignette eingeführt, um dann allmählich mit der Unterstützung durch elektronische Erfassungssysteme zu einer Gebührenerhebung auf der Grundlage der tatsächlich gefahrenen Kilometer überzugehen.

Für die Bundesregierung hat sich der zuständige Verkehrsminister Peter Ramsauer gegen derartige Spekulationen verwahrt. Sein Hinweis, daß dazu ja nichts im Koalitionsvertrag stehe, ist jedoch untauglich, um die Befürchtungen zu entkräften. Zwar mag diese Regierung sich anders als so manche ihrer Vorgängerinnen an ihr Programm gebunden fühlen. Ihr ist jedoch zuzutrauen, daß sie auf neue Herausforderungen, die sich im Laufe einer Legislaturperiode ergeben, Antworten findet, die ursprünglich nicht bedacht worden waren. Die ausufernden Haushaltslöcher sind eine solche Herausforderung, so daß es legitim ist, neue Einnahmequellen auszuloten.

Eine Straßenbenutzungsgebühr ist hier eine sinnvolle Option, zumal ihre Einführung ökologisch bemäntelt werden könnte. Zwar dürfte sie nicht, wie das Umweltbundesamt andeutet, eine Drosselung des Verkehrsaufkommens bewirken. Dagegen sprechen die Erfahrungen aus zurückliegenden Erhöhungen der Energiesteuern, die auch nicht dazu führten, daß die Bürger aufgrund gestiegener Kraftstoffkosten ihr Auto seltener nutzten. Dies kann für den Fiskus aber auch gar nicht das Ziel sein. Gesucht ist vielmehr eine Einnahmequelle, der sich die Menschen eben nicht durch eine Änderung ihres Verhaltens entziehen.

Eine Pkw-Maut von drei oder vier Cent pro gefahrenem Kilometer allein wird aber die Finanzprobleme unseres Staates kaum lösen. Daher sind weitere fiskalische Innovationen vonnöten. Vorstellbar wäre etwa, eine Maut auch für Fahrradfahrer oder Fußgänger einzuführen. Sie nutzen den öffentlichen Raum ebenso wie Autofahrer und dürften sich kaum in ihre eigenen vier Wände zurückziehen, bloß weil sie draußen ein wenig zur Kasse gebeten werden.

Da aber nicht allein die Bewegung der Bürger, sondern bereits ihr bloßes Dasein dem Gemeinwesen Kosten aufbürdet, sollte zudem eine Existenzsteuer in Betracht gezogen werden. Würde ihr Tarif an das Lebensalter gekoppelt, also mehr zu zahlen sein, je älter man wird, könnte der Staat von der demographischen Entwicklung ausnahmsweise einmal profitieren.

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