© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/10 23. April 2010

„Stolz auf unser Land“
Integration: Berlins CDU will Überfremdungsangst ernstnehmen und um Moslems werben
Christian Vollradt

Unter den Sozialhilfeempfängern und Schulabbrechern in der deutschen Hauptstadt sind besonders viele Zuwanderer: Das Bild, das die Berliner CDU von ihrer Stadt zeichnet, ist nicht gerade schmeichelhaft. Um Abhilfe zu schaffen, hat der Landesverband in der vergangenen Woche auf seinem Kleinen Parteitag ein gesondertes  Integrationspapier beschlossen.

Unter dem Motto „Gemeinsinn und Leistung“ weisen die Christdemokraten dem rot-roten Senat Versäumnisse nach und empfehlen sich den Wählern für den Urnengang zum Abgeordnetenhaus im Herbst 2011. Unter der Ägide des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) seien die genannten Defizite zu lange als rein soziales Problem behandelt worden. Es gebe jedoch „Ursachen, die spezifisch sind für Menschen mit Zuwanderungshintergrund“, stellt die Union fest. Und hier habe die Politik bisher nur „zweifelhafte Ergebnisse“ vorzuweisen: Trotz hoher Ausgaben wurde wenig erreicht. 

 Laut CDU müsse sich in Zukunft  auf die (ethnisch eingrenzbaren) Problemfälle unter der Maßgabe des Förderns und Forderns konzentriert werden. Genannt werden als Maßnahmen unter anderem eine verbindliche Sprachstandsfeststellung zwei Jahre vor der Einschulung und mehr Sprachförderung. „Mit Ausnahme des Fremdsprachenunterrichts soll Deutsch die einzige Sprache in Unterricht und Pausen an nicht-internationalen Schulen sein“, fordert die Union. Für „unrealistisch“ hält man es jedoch, die Zuwandereranteile in allen Berliner Schulen einander anzugleichen.

Absage an ein Wahlrecht für Ausländer

Eine klare Absage erteilt die Partei dem Ausländerwahlrecht sowie der generellen Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft. Die vollen Bürgerrechte müßten an den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gebunden bleiben; alles andere würde den Anreiz nehmen, sie zu erwerben, und so „dem Interesse an einer erfolgreichen Eingliederung der Zuwanderer schaden“.

Gleiches gelte für die politische Einflußnahme durch die Regierungen der Herkunftsländer: „Die Einmischung der türkischen Regierung in innenpolitische Fragen Deutschlands“ erschwere die Eingliederung der türkischen Zuwanderer. Vor diesem Hintergrund sei auch verständlich, daß viele Deutsche mit Sorge auf die Einwanderer reagierten und sich häufig von den etablierten politischen Parteien nicht vertreten fühlten. „Wagen sie, ihre Besorgnisse zu äußern, müssen sie befürchten, daß sie deswegen verlacht und verhöhnt oder verurteilt werden.“ Dem dürfe nicht mit der „moralischen Keule“ begegnet werden. Statt dessen empfiehlt die Berliner CDU: „Je glaubwürdiger deutsche Interessen vertreten werden, desto größer wird die Unterstützung der Integration der Zuwanderer und desto kleiner wird die Zahl der Skeptiker.“

Doch auch an die Einstellung der Mehrheitsbevölkerung appelliert die Partei: Wie könne man von den Zuwanderern einen „Enthusiasmus für Deutschland und den demokratischen Rechtsstaat“ erwarten, wenn die Deutschen „nicht selbst begeistert unsere Werte leben“ und nicht selbst den „Stolz auf unser Land“, seine Geschichte, Kultur und demokratische Ordnung zum Ausdruck bringen. In den Moslems  erkennt die Union jedoch auch „werte­orientierte Mitmenschen“, mit denen es viel Verbindendes gebe.

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