© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/10 16. April 2010

Frisch gepresst

Kulturstaat Preußen. Ein Großprojekt der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften widmet sich unter der Leitung des Würzburger Historikers Wolfgang Neugebauer der Geschichte „Preußens als Kulturstaat“. Am noch in weiter Ferne liegenden Ende dieser Acta-Borussica-Folge soll die preußische Kulturpolitik von 1817 bis zur NS- Zeit wie ein offenes Buch vor uns liegen. Von den zu erwartenden zahlreichen Bänden liegt nun als erster in der ersten Abteilung des Mammutunternehmens: „Das preußische Kultusministerium als Staatsbehörde und gesellschaftliche Agentur (1817–1934). Die Behörde und ihr höheres Personal“ (Akademie Verlag, Berlin 2009, gebunden, XXXII und 382 Seiten, 148 Euro) zunächst in einer darstellenden Form vor, die von einer Akten-edition (XXV und 419 Seiten, 148 Euro) ergänzt wird. Die Arbeit bietet Institutionsgeschichte im besten Sinne, beschäftigt sich auf der Basis einer intensiven Quellenauswertung der im Geheimen Staatsarchiv Berlin Dahlem verwahrten Akten mit Stellenstruktur, Binnenorganisation und Personalrekrutierung des Ministeriums, scheut auch vor sozialhistorischem Kleinklein wie „Besoldung und Versorgung mit Wohnraum“ nicht zurück, unterläßt es aber leider, wenigstens die „Chefebene“, Preußens Kultusminister von Altenstein bis Carf Heinrich Becker mitsamt den in zweiter Linie agierenden „starken Männern“ wie Johannes Schulze oder Friedrich Althoff, biographisch anschaulich zu vermitteln.

 

Kampf um Schlesien. Vor 65 Jahren kämpften in Ostdeutschland letzte Verbände an den Südhängen des Riesengebirges gegen die übermächtige Rote Armee, die Schlesien eher als Flanke ihrer Angriffe auf die Reichshauptstadt behandelte. Generalmajor Hans von Ahlften hatte die Kämpfe an Oder und Katzbach bereits 1961 literarisch als „authentischen Dokumentarbericht“ aufgearbeitet (Der Kampf um Schlesien. Lindenbaum Verlag, Schnellbach 2010, gebunden, 285 Seiten, Abbildungen, Karten als Anlage, 19,80 Euro). Darin wird er nicht müde, immer wieder auf die dramatischen Fehlentscheidungen der politischen Führung hinzuweisen, die der im Januar drohenden sowjetischen Dampfwalze nicht genügend Kräfte entgegenhielt, weil sie diese „für den größten Bluff seit Dschingis Khan“ hielt. Ahlften und die sein Werk unterstützenden Generale Heinrici und Nehring beklagen zudem das Kompetenzwirrwarr zwischen den sich immer wieder neu zur Verteidigung formierenden Armee-Einheiten und dem „Gaufürsten“ Hanke. Nicht nur deshalb ist sein jetzt neu aufgelegtes Buch über den Untergang Schlesiens gleichzeitig zum erhellenden Dokument der Rezeptionsgeschichte gereift.

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