© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/10 09. April 2010

UMWELT
Walfleisch im Schinken
Michael Howanietz

Die Empörung in Deutschland ist groß, wenn über isländische oder japanische Walfänger berichtet wird. Und das Gemetzel an den Meeressäugern könnte sich verschärfen, wenn die Internationale Walfangkommission (IWC), die kommerzielle Jagd auf Wale wirklich wieder erlauben sollte (JF 14/10). Doch daß die zu angeblich wissenschaftlichen Zwecken gefangenen Wale in mundgerechten Portionen in Nippon-Restaurants auftauchen, ist nicht minder irritierend als Walfleisch-Funde in europäischem Tierfutter. Trotz Einfuhrverbots gelangten laut der Artenschutzorganisation Whale and Dolphin Conservation Society (WDCS) 22 Tonnen gemahlenes Walfleisch über Island nach Dänemark und Lettland. Fleisch von mit Walmehl gefütterten Schweinen könnte so auch auf deutschen Tellern landen, befürchtet Nicolas Entrup von der WDCS.

Doch nicht nur den Walen geht es an die Barten, sondern auch Stör und Thunfisch an die Kiemen. Beide zählen neben dem Kabeljau zu den prominentesten Sinnbildern leergefischter Meere und Flüsse. Dem Stör wurde von der Weltnaturschutzunion (IUCN) kürzlich der wenig erstrebenswerte Titel des „meistgefährdeten Tiers der Erde“ verliehen. 85 Prozent der Störarten gelten als akut gefährdet, vier sind bereits ausgestorben. Der für teures Sushi verwendete Rote Thunfisch erhielt dennoch keine Schonzeit durch das von Monaco bei der Konferenz des Washingtoner Artenabkommens (Cites) beantragte Handelsverbot, dazu hätte es einer Zweidrittelmehrheit der 175 Cites-Vertragsstaaten bedurft hätte. Kanada und vor allem Japan, das 80 Prozent der weltweiten Fänge aufkauft, legten sich erfolgreich quer. Kein Wunder: Auf den Fischmärkten dort werden manchmal über 100.000 Euro für einen Roten Thun bezahlt.

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